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20. April 2018, 15:59 :: Allgemein | Corporate Services
Autor: Olga Rube
Ein klassischer Mittelständler geht den digitalen Kulturwandel an: Mit 140 Mitarbeitern und rund 100 Millionen Euro Umsatz pro Jahr gehört Zentek zu den etablierten Akteuren in einer der ältesten Branchen in Deutschland. Ob die Entsorgungsbranche der Herausforderung gewachsen ist? Zentek jedenfalls schlägt den steinigen Weg ein und stellt sich den Hürden, die mit der Digitalisierung einhergehen. Im Dialog mit Stephan Schnück, Geschäftsbereichsleiter Zentek digital, erfahren wir, welche Faktoren für nachhaltigen Wandel ausschlaggebend sind und wie die Abfallwirtschaft den Sprung in eine smarte Zukunft schaffen kann.
In der Abfallentsorgung- und verwertung hält sich Deutschland im europäischen Raum konsequent als Tabellenführer: Rund 70 Milliarden € Umsatz verzeichnet die Entsorgungswirtschaft jährlich, das geht aus dem Branchenreport Abfallentsorgung und Rückgewinnung hervor.
Gesetzeskonforme Entsorgung
Als sogenanntes Generalunternehmen ist Zentek kein klassischer Entsorger und verfügt weder über Müllfahrzeuge, noch über Container oder Sortieranlagen. Stattdessen fungiert Zentek als Mittler zwischen Abfallerzeugern und Entsorgungsunternehmen, als analoge Plattform im B2B-Bereich, wenn man so will. Zentek koordiniert und organisiert die gesetzeskonforme Entsorgung für Standorte großer, überregional und bundesweit tätiger Unternehmen. So zählen namhafte Unternehmen aus der Automobilindustrie genauso zum Kundenkreis wie große Handelsunternehmen und die führenden Dienstleister der Baubranche – allein im vergangenen Jahr betreute das Kölner Unternehmen mehr als 12.000 Baustellen. Im Laufe der Zeit kristallisierte sich zunehmend ein Problem heraus: Fehlende Kommunikationsstandards in der gesamten Branche hatten zur Folge, dass der Austausch von Aufträgen, Reklamationen und Statusmeldungen zu über 90 Prozent per Telefon, Fax oder E-Mail erfolgt. Man muss kein Genie sein, um zu erkennen, dass dieser Prozess auf Dauer viel zu schwerfällig und mit enorm hohen Kosten verbunden ist. Viel gravierender jedoch: Die fehlende Transparenz. Eine Lösung musste her.
Eingerosteten Strukturen den Kampf ansagen
Vor 22 Jahren gegründet, gilt der konzernunabhängige Entsorgungsdienstleister Zentek heute als einer der Vorreiter in der Abfallwirtschaft. Die Tatsache, dass sich im Laufe der Jahre Strukturen eingeschlichen haben, die in Zeiten von Industrie 4.0 nichts verloren haben, rief eine Digitalisierungsinitiative ins Leben. Mit der Mission, digitale Innovationen bei Zentek voranzubringen, ging es vergangenen November zum jährlich angesetzten Führungskräftemeeting und einem Schnuppertag in den STARTPLATZ – der erste Schritt in Richtung Digitale Zukunft war getan. Führungskräfte aus verschiedenen Disziplinen klassischer Geschäftsbereiche feilten in dem Innovationsworkshop gemeinsam an neuen Ideen. In dem Bestreben, Transparenz zu schaffen, machte sich das Digitalisierungsteam mit Hochdruck daran, Lösungen zu entwickeln, welche die übersichtliche, digitale Steuerung und Dokumentation von Entsorgungsprozessen möglich machen sollte.
Gemischte Reaktionen unter den Mitarbeitern
Bei Arbeitnehmern, die seit 20 Jahren in einem klassischen Geschäftsbereich wie der Rechnungsprüfung oder dem Kundenservice gearbeitet haben, in denen relativ klare Arbeitsstrukturen herrschen, würden anfangs viele Fragen aufkommen. Das Konzept der flexiblen Arbeitszeiteinteilung im Geschäftsbereich Zentek digital und die fehlende Arbeitszeitkontrolle sei für viele in den etablierten Geschäftsbereichen noch ein undurchsichtiges Konzept. Auch dass das Einstempeln am Morgen und Ausstempeln am Abend nicht zwangsläufig zu mehr Leistung führen muss und Pausen zum Spaziergehen nicht die Vernachlässigung der Arbeit bedeuten, überfordere viele im ersten Moment.
„Ich bekomme oft samstags noch E-Mails von motivierten Kollegen zugeschickt. Arbeiten heißt nicht gleich präsent sein. Genauso wenig wie beschäftigt sein mit Produktivität gleichgestellt werden kann.“
Dennoch zeigte sich Schnück positiv überrascht über die Motivation und Begeisterungsfähigkeit, die von vielen seiner Kollegen ausging. Was folgte waren kleine Schritte. „Man muss bereit sein, sich im Kleinen zu verändern, bevor ein riesiger Wandel stattfinden kann.“ Auf der anderen Seite gab es natürlich auch diejenigen, die von Digitalisierungsstrategien nichts wissen wollen. Alle mitzunehmen, sei ohnehin nur sehr schwer möglich.
„Was wir bei Zentek brauchen, sind junge, clevere und motivierte Menschen, die frischen Wind in unsere unternehmerischen Strukturen bringen. Das Risiko, den ein oder anderen auf dem Weg zu verlieren, müssen wir leider eingehen. Ich bin aber davon überzeugt, dass es uns gelingen wird, sehr viele Kolleginnen und Kollegen mitzunehmen.“
Innovation kein „Nebenbei-Projekt“
Die Entsorgungsbranche ist extrem getrieben durch gesetzliche Notwendigkeiten. Wenn eine regulatorische Veränderung wie die Rücknahmeverpflichtung für Elektrogeräte oder die Gewerbeabfallverordnung eintritt, geht es darum, auf die Veränderungen zu reagieren. Irgendwann mussten wir uns jedoch auch die Frage stellen: Wo ergreifen wir von uns aus die Initiative, neue Geschäftsmodelle zu entwickeln, ohne auf Vorgaben des Gesetzgebers zu warten?
„Die harte Wahrheit ist, dass wir mit unserer jetzigen Unternehmenspolitik wahrscheinlich schlichtweg nicht überlebensfähig sind. Wenn wir Glück haben funktioniert das noch zehn Jahre, wenn wir Pech haben noch zwei. Fakt ist, dass wir uns dem Wandel nicht entziehen können. Die meisten Unternehmen schaufeln ihren Mitarbeitern gerade etwas Zeit frei, damit diese nebenbei an Innovationsprojekten arbeiten können und wundern sich dann, warum ein Projekt nie zu Ende gebracht wird. Innovation ist kein Nebenbei-Projekt, sondern ein dynamischer Prozess, der Zeit braucht.“
In diesem Sinne bedanken wir uns bei Stephan Schnück für das aufschlussreiche Gespräch und freuen uns auf eine Zukunft, die viele Veränderungen bereithält!
Über Stephan Schnück
Seit 13 Jahren in der Entsorgungsbranche tätig, begann Stephan Schnück seine Karriere bei Interseroh. Nach verschiedenen Stationen im Vertrieb sowie in der Geschäftsführung eines mittelständischen Softwareunternehmens erfolgte Ende 2014 der Wechsel zur Zentek. Seit Januar 2017 verantwortet Stephan Schnück die Entwicklung digitaler Geschäftsmodelle. Mit empto startet noch 2018 der erste digitale Marktplatz für Abfall.