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4. Dezember 2014, 13:19 :: Aktuelle Trends | Allgemein
Autor: Victoria Blechman
Am 03.12.2014 fand der zweite Corporate Startup Summit im Frankfurter Silberturm statt. Im 31. Stock des Hauptsitzes der Deutschen Bahn versammelten sich über 200 Teilnehmer um sich über die Möglichkeiten von Corporate Inkubation auszutauschen. Was können große Unternehmen von Startups lernen? Welche Prozesse müssen verändert werden um Ideen schneller realisieren zu können? Wie viel Kontrolle ist nötig, damit eine Idee nicht aus dem Ruder läuft?
Der Inkubator der Deutschen Telekom hub:raum wird oft als gutes Beispiel für gelungene Corporate Incubation gehandelt. Vor 2,5 Jahren gründete Peter Borchers die Ideenschmiede. Als Intrapreneur stieß er dabei zunächst auf viel Ablehnung und Unverständnis. „Die wenigsten wissen, dass vor der Gründung von hub:raum 2,5 Jahre Planung nötig waren“, sagt er. „Als ich der Geschäftsführung meinen Plan vorlegte, passierte nichts. Ich war absolut überrascht, dass die Manager kein Interesse an einem Inkubator hatten. Ich war überzeugt von meiner Idee.“ Nach vielen Gesprächen und dem Aufbau von nützlichen Allianzen war es dann endlich soweit und der hub:raum öffnete seine Pforten. Anhand dieser Erfahrung hat er 11 Tipps verfasst, die dabei helfen als Intrapreneur in einem Unternehmen zu agieren.
Anders als Peter Borchers, beschreibt Ben Sufiani von Maple Apps, dass es auch ganz anders laufen kann. Nämlich viel schneller. Bei der App-Agentur Maple Apps arbeitet das Team mit Hilfe eines fast idea validation process. Dabei dauert es nur maximal vier Wochen von der Idee bis zum Start der Umsetzung. Nützliche Tools in diesem Prozess sind E-Mail-Marketing, Google Analytics und einfache Landing Pages. „E-Mail wird absolut unterschätzt. Wir setzen eine Landing Page mit einem leeren Versprechen auf und sammeln darüber E-Mail-Adressen“, erzählt Sufiani. „Nach wenigen Wochen haben wir über 2.000 Adressen vorliegen und können anhand von Umfragen feststellen, was die Nutzer möchten.“ Am Beispiel der App 7meals kann man das Ergebnis gut sehen. Eine App zur Planung von Einkäufen – entstanden als Schnapsidee, jetzt erfolgreich im App Store und Google Play Store. „Wir haben pro Jahr locker 500 Ideen, aus denen wir 50 als Landing Pages generieren und schließlich bauen wir bis zu 12 erfolgreiche Apps.“
Doch ist dieser Prozess wirklich auch in einem großen Konzern umsetzbar? Die Antwort ist Jein. Kein Konzern könnte von heute auf morgen die bestehenden Strukturen über den Haufen werfen und trotzdem genau so erfolgreich bleiben. Aber man kann intern neue Ideen und Innovationen lostreten. Zum Beispiel mit Hilfe von Design Thinking. Ein erfolgreiches Beispiel ist die Zusammenarbeit der Bayer AG und Dark Horse Innovation. Die Bayer AG holte sich Unterstützung der Agentur und ließ über 150 Mitarbeiter den Design Thinking Workshop besuchen. Statt eines Plenarsaal-Meetings entstanden ein reger Austausch und neue Ideen. „Große Konzerne beschränken sich oft nur auf die Methoden. Viel wichtiger ist es, die Menschen in den Fokus zu rücken“, sagt Dr. Henning Trill von Bayer. „Die Kooperation mit Dark Horse war für uns eine großartige Bereicherung und führte eine Art Kulturwandel herbei.“
Solch ein Kulturwandel ist die Voraussetzung für funktionierende Inkubation. Und doch sehr schwierig umzusetzen. Prof. Guido Baltes vom Innovationsinstitut der Universität Konstanz, forscht zum Thema Entrepreneurial Leadership. In einer Studie wurden über 2.000 Unternehmen hinsichtlich dynamischer Fähigkeiten untersucht. Das Ergebnis: die wenigsten Unternehmen können nach jetzigem Stand Intrapreneurship bei sich umsetzen. Das Problem sind die Prozesse. In einem traditionellen Unternehmen erfolgt eine Problemlösung nach folgendem Muster: Understanding > Planning > Organisation. In einem Startup sieht dies vollkommen anders aus. Man startet nicht mit einem bestehenden Problem, sondern mit der Hypothese, dass solch ein Problem bestehen könnte. Daraufhin folgt die Adaption der möglichen Lösungsansätze und schließlich eine agile Umsetzung der Lösung. „Disruption is the new normal“, schrieb schon das Wall Street Journal. Und genau dies können traditionelle Unternehmen und Konzerne nicht verfolgen. Denn Variabilität, Chaos, Zufälligkeit – alles Effekte von Disruption – sind tödlich für gestandene Strukturen.
Besonders interessant an der Studie ist das Ergebnis, wie viel Autonomie internen Startups zugestanden werden sollte. Im Falle von structutral und strategic autonomy gilt die Devise je mehr, desto besser. Startups sollten selbst entscheiden können, wo und wie sie sitzen und welche Strategie sie verfolgen möchten. Vor allem im Bereich von Marketing und Sales ist absolute Autonomie nötig. „Entrepreneurial leadership leads to an environment that supports entrepreneurial organization.“
Das Fazit des Corporate Startup Summits könnte lauten: Der Kulturwandel hat begonnen. Traditionelle Unternehmen sind auf einem guten Weg zu mehr Innovation. Festgefahrene Strukturen müssen aufgebrochen werden. „Im Vergleich zum ersten Corporate Summit, bei dem das Thema experimentell schien, ist es heute bereits in vielen Unternehmen angekommen.“, resümierte Moderator Christoph Raethke. „Konzerne unterhalten sich auf Augenhöhe mit Startups.“ Er hofft für das nächste Jahr, dass mehr Unternehmen direkt mit Startups zusammenarbeiten und sich beim Kongress gemeinsam präsentieren. Wir sind gespannt auf 2015.