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25. Mai 2016, 10:40 :: Allgemein
Autor: Carolin Gattermann
In dieser Reihe zum Thema Venture Capital geben wir einen Überblick über die Finanzierung von Unternehmen mit Wagniskapital. Die Beiträge richten sich daher in erster Linie an Gründer, die sich frühzeitig mit der Unternehmensfinanzierung durch Venture Capital auseinandersetzen wollen, und solche, die eine konkrete Finanzierung für ein bereits funktionierendes Geschäftsmodell suchen.
Nachdem wir im ersten Teil dieser Reihe von Beiträgen zum Thema Venture Capital einen ersten groben Überblick über die Venture Capital Finanzierung und den Prozess der Beteiligung eines Investors gegeben und in dem zweiten Teil die Beteiligten und ihre Interessen beleuchtet haben, stellen wir in diesem dritten Teil die wesentlichen Maßnahmen und Dokumente im Vorfeld der Verhandlung des eigentlichen Venture Capital Vertragswerks vor.
Obgleich die für das Fundraising benötigten Unterlagen von Investor zu Investor verschieden sein können, gibt es jedenfalls zwei Dokumente, welche die Gründer parat haben sollten, bevor sie sich auf die Suche nach einem Investor machen: eine Kurzzusammenfassung und eine Präsentation.
Eine kurze schriftliche Zusammenfassung über maximal drei DIN A4 Seiten soll dem potentiellen Investor einen schnellen ersten Eindruck der Geschäftsidee, des Produkts bzw. der Dienstleistung und des Management-Teams geben. Insbesondere muss auch deutlich werden, welches Problem gelöst werden soll und warum die Lösung dieses Problems wichtig ist und nachgefragt werden wird oder bestenfalls bereits nachgefragt wird.
Ist das Interesse des Investors geweckt, wird das Gründerteam häufig um eine persönliche Präsentation oder um die Übermittlung einer Präsentation per E-Mail gebeten. Diese Präsentation sollte in visualisierter Form den Inhalt der Zusammenfassung wiedergeben und um weitere wichtige Aspekte wie beispielsweise eine Industrie-, Markt- bzw. Wettbewerbsanalyse, die bis zur Realisierung umzusetzenden Schritte, den Zeitplan und die Finanzplanung ergänzt werden.
Eine gute Zusammenfassung und eine gute Präsentation geben dem potentiellen Investor ebenso wie eine gut vorbereitete Due Diligence (dazu nachstehend) einen sehr guten ersten Eindruck des Management-Teams. Dieser sehr gute erste Eindruck hat sicherlich positive Auswirkungen auf die Gespräche mit dem Investor. Denn wie im ersten Teil dieser Venture Capital Reihe bereits ausgeführt, spricht man – vergleichbar mit den drei „L“ (Lage, Lage, Lage) bei Immobilientransaktionen – bei Venture Capital Transaktionen von den drei „M“ (Management, Management, Management).
Der guten Ordnung halber sei darauf hingewiesen, dass das Erstellen und Versenden einer Kurzzusammenfassung und einer Präsentation zur Vermeidung von Haftungsrisiken mit rechtlicher Beratung erfolgen sollte. Insbesondere können ohne entsprechend einschränkende rechtliche Formulierungen Gewährleistungsansprüche des Investors und ohne rechtliche Begleitung bei der Versendung Prospekthaftungsansprüche nicht ausgeschlossen werden.
Sind die ersten Gespräche zwischen Investor und den Gründern gut verlaufen und ist der Investor grundsätzlich an einer Beteiligung an dem zu finanzierenden Unternehmen interessiert, wird sich der Investor ein genaueres Bild von dem Unternehmen machen wollen. In diesem Stadium kommt es häufig zu dem Abschluss einer Vertraulichkeitsvereinbarung.
Die Vertraulichkeitsvereinbarung, die auch als Non-Disclosure-Agreement (NDA) bezeichnet wird, ist rechtlich verbindlich und verpflichtet die Vertragspartner zum vertraulichen Umgang mit offengelegten Informationen. Insbesondere dürfen die offengelegten Informationen auch nach Scheitern der Verhandlungen nicht für Wettbewerbszwecke verwandt werden. Zusätzlich ist daher regelmäßig die Verpflichtung der Vertragsparteien enthalten, die offengelegten Informationen zurück zu geben bzw. zu vernichten, sofern die Beteiligung des Investors nicht mehr weiterverfolgt wird.
Trotz des Abschlusses einer Vertraulichkeitsvereinbarung muss den Vertragspartnern bewusst sein, dass Ansprüche aus einer Vertraulichkeitsvereinbarung häufig nicht oder nur schwer durchgesetzt werden können, weil dem vermeintlich gegen die Vertraulichkeitsvereinbarung Verstoßenden ein Verstoß nicht nachgewiesen werden kann oder es dem vermeintlich Geschädigten nicht gelingt, seinen aufgrund des Verstoßes erlittenen Schaden zu beweisen.
Oftmals enthalten Vertraulichkeitsvereinbarungen zusätzlich Exklusivitätsregelungen, wonach sich die Gründer verpflichten, für einen gewissen Zeitraum nur exklusiv mit dem betreffenden Investor zu verhandeln. Obgleich eine solche Exklusivitätsregelung die Verhandlungsposition der Gründer grundsätzlich einzuschränken scheint, weil sie nicht parallel mit weiteren potentiellen Investoren Gespräche führen dürfen, liegt eine solche Regelung oftmals auch in ihrem Interesse. Der interessierte Investor wird nämlich vielfach anderenfalls gar nicht erst in eine kostenträchtige weitere Prüfung des Unternehmens einsteigen.
Lassen der weitere Austausch von Informationen und die Gespräche zwischen Gründern und Investor die Beteiligung des Investors möglich erscheinen, sollten die ersten rechtlichen, strukturellen und wirtschaftlichen Eckpunkte der Beteiligung in einer sogenannten Absichtserklärung festgehalten werden. Diese weitestgehend rechtlich noch unverbindliche Erklärung beider Vertragsparteien oder nur des Investors, die Umsetzung der Beteiligung zu beabsichtigen, wird auch als Term Sheet, Letter of Intent, Head of Terms oder Memorandum of Understanding bezeichnet.
In der Absichtserklärung wird zunächst die beabsichtigte Transaktionsstruktur beschrieben, d.h. es wird dargelegt, wie die Beteiligung erfolgen, wieviel Kapital der Investor dem Unternehmen zur Verfügung stellen und wie viele Anteile der Investor am Unternehmen hierfür bekommen soll. Sofern sich der Investor zunächst nur oder zusätzlich mit Mezzanine Kapital – wie beispielsweise einer stillen Beteiligung oder einem Nachrangdarlehen – am Unternehmen beteiligen soll, sind die wirtschaftlichen und rechtlichen Eckdaten dieser Mezzanine Beteiligung niederzulegen. Zusätzlich sollten auch die Zeitpunkte der Finanzierung festgelegt werden, d.h. die Zeitpunkte, zu denen der Investor dem Unternehmen (zusätzliches) Eigenkapital bzw. das Mezzanine Kapital zur Verfügung stellen soll (sog. Milestones).
Diese wirtschaftlichen Eckpunkte reflektieren dann auch die von den Gründern und dem Investor zugrunde gelegte Unternehmensbewertung vor Einstieg des Investors (sog. Pre-Money Bewertung) und nach Einstieg des Investors (sog. Post-Money Bewertung).
Die Absichtserklärung enthält darüber hinaus regelmäßig bereits skizzierte Grundsatzaussagen über wichtige Inhalte des späteren Venture Capital Vertragswerks, d.h. insbesondere über wesentliche Inhalte des Beteiligungsvertrages (z.B. Garantiekatalog) und der Gesellschaftervereinbarung (z.B. Informations-, Mitsprache- und Zustimmungsrechte, Umgang mit weiterem Finanzierungsbedarf des Unternehmens, Verwässerungsschutz, Mitverkaufsrechte und –pflichten etc.).
Ferner wird klargestellt, dass die Grundsatzaussagen und die wirtschaftlichen Eckdaten der Beteiligung auf der Annahme beruhen, dass die vom Investor noch durchzuführende Due Diligence Prüfung keine wesentlichen abweichenden Erkenntnisse ergibt.
Auch wenn die Absichtserklärung im Wesentlichen unverbindlich ist, entfaltet sie eine gewisse faktische Wirkung für die zukünftigen Verhandlungen, weil ein Abweichen von den Grundsatzaussagen einen gesteigerten Begründungsaufwand erfordert und durch das Festhalten der wesentlichen Eckpunkte zu einem frühen Zeitpunkt eine Situation vermieden wird, in denen die Due Diligence und die Vertragsverhandlungen erhebliche Kosten entfalten und die Beteiligten erst in einem späteren Stadium erkennen, dass sie sich bereits über wesentliche Eckpunkte uneinig waren.
Sofern nicht bereits zuvor eine Vertraulichkeitsvereinbarung abgeschlossen worden ist, enthält eine Absichtserklärung regelmäßig auch rechtsverbindliche Regelungen zur Vertraulichkeit.
Nach Abschluss der Absichtserklärung führt der Investor zumeist eine Prüfung des Unternehmens aus rechtlicher, steuerlicher, finanzieller und betriebswirtschaftlicher Sicht durch (sog. Due Diligence Prüfung). Der Umfang dieser Due Diligence Prüfung ist von Investor zu Investor unterschiedlich. Insbesondere strategische Investoren sind aber aus Compliance-Gesichtspunkten grundsätzlich zu einer umfassenden Prüfung verpflichtet.
Für die Durchführung der Due Diligence Prüfung wird der Investor den Gründern zunächst eine Liste mit Informationen übermitteln, die der Investor prüfen möchte (sog. Due Diligence Request List). Die Gründer stellen diese Informationen sodann dem Investor zur Verfügung. Das geschieht in Papierform oder elektronisch und – abhängig vom Umfang der vorhandenen Informationen ggf. in einem hierfür vorgesehenen physischen oder virtuellen Datenraum. Der Investor prüft diese Informationen und stellt zusätzliche oder weitergehende Fragen, die von den Gründern im Rahmen eines Q&A-Prozesses beantwortet werden.
Die Ergebnisse der Due Diligence Prüfung wird der Berater des Investors in einem Due Diligence Bericht festhalten und in die Verhandlungen des Venture Capital Vertragswerks einfließen lassen. Insbesondere werden die im Rahmen der Due Diligence Prüfung aufgedeckten Risiken und Unklarheiten später in den Katalog von Garantien einfließen, welche die Gründer bezüglich ihrer Anteile und des Unternehmens gegenüber dem Investor abgeben müssen. Darüber hinaus dienen die Ergebnisse der Due Diligence aber auch der Verifizierung und Anpassung der in der Absichtserklärung zugrunde gelegten Unternehmensbewertung.
Die Tatsache, dass die Gründer im Beteiligungsvertrag Garantien abgeben, macht eine Due Diligence Prüfung für den Investor nicht überflüssig. Zum einen dient die Due Diligence Prüfung nicht nur der Absicherung gegen Risiken, sondern auch der Beseitigung der Informationsasymmetrien zwischen Gründern und Investor (vgl. insoweit Teil 2 dieser Venture Capital Reihe) und damit als Informationsgrundlage für die Entscheidung des Investors über das „Ob“ seiner Beteiligung. Zum anderen werden vielfach bestimmte Garantien erst aufgrund der Ergebnisse der Due Diligence Prüfung in den Beteiligungsvertrag aufgenommen. Nicht zuletzt ist die Haftung der Gründer für Garantien oftmals der Höhe nach und zeitlich begrenzt und von deren wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit abhängig. Gerade Letztere ist bei Venture Capital Transaktionen oftmals nicht gegeben, weil die Gründer einen Großteil ihres Vermögens in ihr Unternehmen investiert haben.
Insgesamt ist damit aus Sicht eines Investors zur Durchführung einer mehr oder weniger tiefgehenden Due Diligence Prüfung und den Gründern insbesondere auch zur Offenlegung aller für die Investitionsentscheidung des Investors wesentlichen Informationen zu raten. Letzteres vermeidet nicht nur eine spätere Haftung, sondern schafft auch Vertrauen zwischen Gründern und Investor.
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