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Retail Revolution – Die Zukunft des Einzelhandels

13. Juli 2016, 14:10 :: Aktuelle Trends

Autor: Victoria Blechman

 

In den vergangenen 20 Jahren hat sich keine Branche so tiefgreifend verändert wie der Einzelhandel. Mit der Verbreitung des (mobilen) Internets ist es heute möglich, zu fast jeder Zeit und an fast jedem Ort einzukaufen. Die damit einhergehenden veränderten Kundenbedürfnisse stellen für viele Einzelhandelsunternehmen eine große Herausforderung dar und diese reagieren sehr verschieden darauf. Auf der einen Seite bieten stationäre Händler ihre Waren in einem eigenen Shop oder anderen Online-Plattformen an, auf der anderen Seite eröffnen bislang lediglich online agierende Händler, wie beispielsweise Zalando, stationäre Geschäfte. Der Handel befindet sich mitten in einer Retail Revolution.

Der Kunde hat sich verändert

Der Einzelhandel hat bis heute eine interessante Entwicklung durchgemacht. In den 1950er Jahren erhalten die Kunden mit der Entwicklung der ersten SB-Märkte (Selbstbedienungsmärkte) zum ersten Mal eine gewisse Produktkompetenz:.Sie konnten nun selbst wählen, welche Produkte sie kaufen möchten (in diesem Zuge erhielt Werbung einen erheblichen Bedeutungsgewinn). Was für die Konsumenten des 21. Jahrhunderts Alltag ist, war damals eine Revolution.

Diese Entwicklung setzt sich durch die Entstehung des Möbelgiganten IKEA oder Bauhaus weiter fort. Nicht nur können die Kunden selbst über den Kauf entscheiden, sie können sogar Möbel selbstständig zusammenbauen und Stühle reparieren. Aufgaben und auch Verantwortung, die zuvor abgegeben wurden, erhalten sie nun zurück. Diese Entwicklung geht nun noch einen Schritt weiter: Das Internet stellt heute eine Unmenge an Produktinformationen bereit, die über mobile Endgeräte sofort abrufbar sind. Die Kunden können so auf einfache Weise Preise vergleichen, Verfügbarkeiten prüfen oder sich den besten individuellen Artikel anzeigen lassen. Damit sind sie oft mit mehr Informationen ausgestattet als die Verkäufer, eine „Beratung“ findet daher oft schon komplett online statt.

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Oder der Prozess wird umgedreht: Die Kunden lassen sich im Geschäft beraten und kaufen nach intensiven Preisvergleichen letztendlich doch online – sehr zum Ärgernis des stationären Handels. Die sogenannten ROPOs (Research online, purchase offline oder Research offline, purchase online) bilden einen wesentlichen Kauftypen der heutigen Zeit ab.

Hier zeigt sich ganz deutlich, dass es nicht mehr nur DIE Online-Shopper oder Offline-Käufer gibt. Die Konsumenten haben sich zu hybriden und komplexen Käufern entwickelt. Genau das stellt den Einzelhandel – sowohl klassisch stationär als auch online – vor eine große Herausforderung: Wie erreicht man diese neue Art von Kunden?

Wie geht der Einzelhandel die Retail Revolution an?

Die wichtigsten Begriffe sind dabei „Multi-“, „Cross-“ oder sogar „Omnichannel“. Ein strategischer Ansatz, um mögliche Konsumenten auf unterschiedlichen Kommunikations- und Vertriebskanälen zu erreichen. Besonders wichtig sind dabei die mobilen Endgeräte, die es den Kunden ermöglichen, orts- und zeitunabhängig in den Kaufentscheidungsprozess einzusteigen. Ziel ist es, auf allen Kanälen ein gleichwertiges Shoppingerlebnis und einen Service zu kreieren sowie online und offline zu verbinden. Mit dem sogenannten Seamless Shopping wird eine Verzahnung der unterschiedlichen Kanäle ermöglicht, wie beispielsweise Click & Collect oder der einfachen Retoure von online gekaufter Ware im Geschäft.

„Häufig wird die Zukunft des Handels auf die Frage Online vs. Stationär beschränkt und ob sich die die neue Welt langfristig durchsetzen oder der klassische Handel seinen Stand behaupten wird. Das finde ich zu eindimensional gedacht. Eine Koexistenz von erfolgreichen Online-Pureplayern, erfolgreichen stationären Händlern und erfolgreichen Omnichannel-Anbietern ist für die Zukunft absolut denkbar. Omnichannel ist aktuell eines der spannendsten Themen: Dabei dreht es sich um die Vereinbarkeit von E-Commerce und stationärem Geschäft und welche Vorteile eine solche Verknüpfung bringen kann. Geschäftsmodelle müssen hierbei neu aus Sicht des Kunden gedacht werden. Denn egal wo sich der Kunde befindet, ob vor seinem PC zu Hause, unterwegs mit dem Smartphone oder im Ladengeschäft – er will durchgehend alle Vorteile aller Kanäle nutzen können. Der Handel arbeitet also gerade zunehmend daran, diese Einkaufserfahrung naht- und hürdenlos zu gestalten. Diese Transformation wird den Handel noch die nächsten Jahre prägen.“

Christoph Langenberg, Projektleider des EHI Retail Institutes.

Hier spielt auch der Conveniencegedanke eine wichtige Rolle. Generell gilt: Einkaufen und Shoppen muss in Zukunft so einfach wie möglich gestaltet werden! Sich verändernde Lebensstile und Arbeitszeiten erfordern eine Anpassung im Handel. So ist das Frühstück auf dem Weg zur Arbeit nun nicht mehr ausschließlich auf das klassische Brötchen vom Bäcker reduziert sondern wird durch das vielfältige Angebot von „To Go“-Supermärkten an Verkehrsknotenpunkten oder sogar speziellen Lieferdiensten erweitert. Junge Startups wie „Emmas Enkel“ oder der Frühstücklieferdienst „Early Taste“ aus Pulheim nutzen diese Entwicklung aus. Auch der Einkauf auf dem Nachhauseweg kann durch die „To Go“-Märkte oder Click&Collect-Stationen leichter gestaltet werden.

Ein weiterer wesentlicher Faktor, der hauptsächlich für den stationären Handel interessant wird, ist der Erlebnis-Aspekt. Das Einkaufen bzw. Shoppen geht heute weit über die reine Beschaffung der Ware hinaus, denn genau dies lässt sich über die Online-Shops sehr einfach handhaben. Mit einem Klick ist das Buch, die CD oder der Pullover bequem von unterwegs oder zu Hause bestellt mit Angeboten wie Amazon Prime sogar schon am nächsten Tag. Warum dann noch ins Stadtzentrum, möglicherweise noch einen Parkplatz suchen, sich durch den Menschenmengen schlagen, um dann doch zu sehen, dass der Pullover in der passenden Größe schon ausverkauft ist?

Hier muss der stationäre Handel eindeutig mehr leisten, als das reine Angebot der Ware. Ein guter Service, wie Umtauschmöglichkeiten und schneller Bezahlvorgang, qualifizierte und hilfsbereite Beratung, ein entspanntes, angenehmes Ambiente, eine gute Auswahl und die Möglichkeit, nicht vorhandene Ware im Shop zu bestellen und nach Hause liefern zu lassen gehören beispielsweise dazu. Die Herausforderung des stationären Handels wird sein, einen Mehrwert für den Kunden zu schaffen.

Besonders Deutschland steht vor einer großen Aufgabe

In anderen Ländern werden viele innovative Ideen im stationären Handel bereits umgesetzt. Deutschland verhält sich hingegen recht konservativ und vorsichtig und bewegt sich beispielsweise im internationalen Vergleich im Omni-Channeling nur im Mittelfeld. Dies liegt unter anderem an der Preis-Sensibilität der Deutschen. Eine Preiserhöhung führt in vielen Fällen zu einem Wechsel zu einem günstigeren Produkt oder sogar zu einem anderen Händler. Eine Varianz im Preis hat in Deutschland einen weit größeren Einfluss auf Marktanteils- und Sortimentsverschiebungen als in anderen Ländern. Investitionen in Technik auf den Verkaufspreis umzuwälzen wird daher weniger eher nicht gerne gesehen. Auch inhabergeführte Geschäfte sind in Deutschland noch vergleichsweise viel vertreten. Zusammen mit den deutschen Konsumenten stehen diese (technischen) Innovationen eher zurückhaltend gegenüber und hindern das Fortschreiten in eine neue Ära des Retails.

Letztendlich sind technologische Innovationen und Vernetzungen alleine nicht ausreichend, um in den kommenden Jahrzehnten als Händler erfolgreich zu werden oder es zu bleiben.

Aspekte wie bequemes Einkaufen über verschiedene online und offline Kanäle ist zwar ein wichtiger Faktor, Qualität der Ware, Beratung und der Erlebnischarakter werden jedoch auch immer wichtiger. Der Handel muss zunehmend auf den Kunden und seine Bedürfnisse eingehen und um seine Aufmerksamkeit kämpfen. Die Revolution im Handel bedeutet letztlich eine Umstrukturierung des Handels und nicht nur die Umsetzung von neuen digitalen, technischen Möglichkeiten.

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Welche Startups mit inovativen Ideen zur Retail Revolution beitragen, gibt es am 24.08. beim Rheinland-Pitch Retail Special zusammen mit dem EHI Retail Institute in Köln zu entdecken. Ihr wollt selbst mitmachen? Bewerbt euch jetzt noch bis zum 01.August 2016.


 

Quellen und Links:

https://www.zukunftsinstitut.de/artikel/tup-digital/08-retail-revolution/01-longreads/retail-disruption-digitalisierung-des-handels/

http://www.e-commerce-magazin.de/studie-deutsche-verbraucher-sind-sehr-preissensibel

https://www.zukunftsinstitut.de/dossier/tup-digital/retail-revolution/


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