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21. November 2020, 12:00 :: Accelerator | Aktuelle Trends | Community
Autor: Annalena Sommer
Einrichtungshäuser, Dekoläden und Co. gibt es wohl wie Sand am Meer. Wer allerdings nach maßgeschneiderten Einzelstücken sucht, fährt auch heute noch von Betrieb zu Betrieb. Seit Kurzem vernetzt unser Accelerator Startup moebelmatch offiziell Anbieter der Interieur-Handwerkskunst mit Einrichtungsfans in ganz Deutschland. Die Gründungsidee entstand mit dem Wunsch, traditionelle Handwerksformen zu unterstützen und die Langlebigkeit von Möbelstücken & Wohnaccessoires zu fördern. Die Gründer:innen Miriam Oheri und Stephan Jaber setzen damit ein Zeichen der Nachhaltigkeit und führen das Handwerk ins digitale Zeitalter. In unserem Interview berichten die Beiden wie sie die traditionelle Branche stärken wollen und wo es nach dem Batch #21 hingehen soll.
STARTPLATZ: Beginnen wir mit dem Klassiker: euer Moment of Truth! Was war der ausschlaggebende Punkt moebelmatch zu gründen?
Miriam:Die Idee für moebelmatch entstand vor gut zwei Jahren aus eigenem Bedarf an einem Esstisch mit individuellen Maßen für unsere neue Wohnung. Da wurde uns zum ersten Mal bewusst, wie schwierig es ist, erstens eine passende und zweitens eine freie Schreinerei zu finden. Wir haben uns die Schreinerhandwerksbranche genauer angeschaut und uns gefragt, warum es trotz des Wandels zur Industrie 4.0 noch keine zukunftsfähige Onlinevertriebslösung gibt, die Verbrauchern einfachen Zugang zu Schreinereien deutschlandweit bietet und kleinbetriebliche Schreinereien vertrieblich ins Jetzt und Morgen hebt. Mit intensiven Analysen, Recherchen und Gesprächen mit Schreinereien startete dann unsere Reise mit moebelmatch. Seit einigen Monaten gehen wir diesen Weg nun zu dritt, zusammen mit Mio als Mitgründer und IT-Experte.
STARTPLATZ: Habt ihr generell irgendwas mit der Schreinerbranche zu tun?
Stephan: Wir sind branchen-, aber nicht fachfremd. Als Gründerteam bringen wir Wissen und Erfahrungen aus abgeschlossenen Studien, Ausbildungen und Praxiserfahrungen in den Bereichen IT, Wirtschaft und Kommunikation mit – die Disziplinen, die wir für die Umsetzung unseres Plattform-Business Cases insbesondere beherrschen müssen. Durch die Recherchen der letzten Jahre kennen wir die Branche nun aber besser denn je und für Handwerksfachfragen können wir immer auf unseren Schreinermeister zurückgreifen, der mit uns gemeinsam das Konzept von moebelmatch entwickelt hat. Da weiß man, woher die verarbeiteten Hölzer stammen, oft aus nachhaltiger, deutscher Forstwirtschaft, und erhält ein echtes Qualitätsprodukt, das auch den nächsten Umzug noch übersteht und vielleicht ewig im Haushalt bleibt. Da kennt man den Menschen und den Betrieb, der mit Kompetenz und unglaublich viel Leidenschaft dahintersteht. Eine spannende Branche!Fast 25.000 kleinbetriebliche Schreinereien und Manufakturen, die das Möbelsegment aufgrund von Markteintritten großer Onlineschreinereien zunehmend verlieren, können von unserer Onlinevertriebslösung nachhaltig profitieren. Mit moebelmatch können wir die Branche zukunftsfähig machen und den Einrichtungskonsum nachhaltiger gestalten! Genau das ist unsere Mission.
STARTPLATZ: Das Handwerk ist nun mal „sehr traditionell“ – habt ihr da schon erste Erfahrungswerte wie die Hersteller auf eure Idee reagieren bzw. diese annehmen?
Stephan: Eine der größten Herausforderung bei Plattformen, das Henne-Ei-Problem, hat sich für uns schnell aufgelöst. Schon nach kurzer Zeit hatten wir herstellerseitig eine hohe Nachfrage. Wir sind so vor einigen Tagen mit rund 50 Herstellern und mehr als 350 Produkten in den Markt gestartet und erhalten täglich neue Anfragen. Dabei prüfen wir teilnehmende Anbieter vor Aufnahme, um die Produktqualität zu gewährleisten – ein wichtiger Punkt, der uns von Marktplätzen wie Etsy, aber auch Ebay oder Amazon, auf die einige unserer Anbieter aufgrund bislang fehlender Lösungen ausgewichen waren, unterscheidet. Mit unserem Full-Service-Ansatz lösen wir zudem eins ihrer größten Probleme, um effizient online verkaufen zu können: Die deutschlandweite Spedition. Wir machen insgesamt die Erfahrung, dass die traditionelle Branche offen für digitale Lösungen ist und auf einen Ansatz wie unseren gewartet hat.
STARTPLATZ: Meint ihr, dass durch eine Digitalisierung in der Branche der Beruf auch spannender für die jüngere Generation werden könnte?
Stephan: Wir haben uns mit Jungschreinermeistern und -meisterinnen unterhalten. Sie sehen moebelmatch als attraktive Chance, Kunden endlich online, also über das Medium, mit dem sie aufgewachsen sind, zu erreichen und mit einem eigenen Betrieb den Schritt zum Onlinehändler, der auch mit einem festem Sortiment kalkuliert, zu gehen. Das ist es auch, was moebelmatch für uns so spannend macht: Die Verbindung zwischen traditionellem Handwerk und modernen Onlinetechnologien. Wir glauben, dass das auch die neue Generation reizt und sie wieder stärker in den Handwerksberuf führen kann. Dazu werden wir auch zukünftig verstärkt in Gespräche mit der Jugend treten, die sich gerade beruflich orientiert.
STARTPLATZ: Was gefällt euch am STARTPLATZ am meisten?
Miriam: Gerade als Startup fehlt es einem oft noch an Orientierung, Branchenkontakten und den finanziellen Mitteln, um sich hilfreiches Know-how aus teuren Workshops anzueignen. Genau dafür sind wir zum STARTPLATZ gekommen und nicht weniger haben wir bekommen. Für uns war die Teilnahme der Kickstart, den das Programm verspricht und eine wesentliche Hilfestellung in der erfolgreichen Realisierung unseres Launchs.
STARTPLATZ: Welche Learnings habt ihr von eurer Zeit hier schon mitgenommen?
Miriam: Wir haben während des Programms so einige „Aha“- Momente gehabt. Was uns spontan einfällt sind zwei Dinge, die wir frühen Gründern und Gründerinnen gerne mitgeben möchten: Erstens sprich‘ früh und viel mit deinen potenziellen Kunden. Auch das innovativste Produkt bringt einem am Ende nichts, wenn es am Markt und an den Bedürfnissen der Kunden vorbei entwickelt wurde. Und zweitens: Statt viel Geld in die Entwicklung eines realen Prototypen zu investieren, um deine Idee zu skizzieren, reicht in manchen Fällen auch ein Mockup, das du vergleichsweise einfach anfertigen oder designen lassen kannst.
STARTPLATZ: Welche wertvollen Kontakte konntet ihr hier schon knüpfen?
Stephan: Über das STARTPLATZ Netzwerk haben wir wertvolle Kontakte aus den unterschiedlichsten Bereichen geknüpft. Zum Beispiel haben wir Joachim von OPA ERWIN kennengelernt, der nun auch mit seiner Manufaktur einer unserer anbietenden Hersteller bei moebelmatch ist. Wir konnten aber u.a. auch Kontakt zu einer Unternehmensberatung aus dem Handwerk knüpfen, aus dem zukünftig möglicherweise eine Partnerschaft entsteht.
Stephan:Während des Accelerator Programms haben wir uns gemeinsam mit dem STARTPLATZ KPIs gesetzt. So konnten wir strukturiert auf die Erreichung unserer Ziele hinarbeiten und das in einem Rahmen, der uns dafür die notwendigen Skills vermittelt hat. In dieser Zeit haben wir unser Geschäftsmodell validiert und das zusammen mit Gründern, die vor der gleichen Herausforderung standen und unser Geschäftsmodell kritisch begutachtet haben, um es zu optimieren und Schwächen zu identifizieren. Der STARTPLATZ war ein wesentlicher Bestandteil dessen, dass wir unseren bislang größten Meilenstein erreicht haben, 2020 einen reifen Marketplace zu launchen.
STARTPLATZ: Was sind eure nächsten Steps in eurer Selbständigkeit?
Miriam: Wir sind gerade mit dem moebelmatch Marketplace in den Markt getreten, der kein Einrichtungsherz kalt lässt und Möbelkunden erstmalig ermöglicht, online gezielt qualitative, handgefertigte Möbel und Wohnaccessoires direkt von Herstellern zu kaufen. Von nun an wird der Marketplace stetig optimiert. Zum Beispiel sollen Video- und AR-Funktionen dazu kommen, damit Kunden die herstellenden Betriebe noch besser bequem von der Couch aus kennenlernen können und Onlinehürden abgebaut werden. Den passenden Technologiepartner dazu haben wir bereits. 2021 steht dann die Entwicklung des innovativen Vermittlungsprozesses zwischen Möbelkunden mit Individualisierungswünschen und Schreinereien aus unserem Netzwerk im Fokus, der sie auf eine neue Art und Weise deutschlandweit effizient miteinander matcht. Dazu suchen wir aktuell nach einem passenden Funding. Als Plattformmodell haben wir Vernetzungspower und die wollen wir voll ausschöpfen!