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24. Februar 2025, 13:24 :: KI | Startups
Autor: Gastautor
Mit der richtigen Idee und ein bisschen Risikokapital soll sich innerhalb weniger Jahre ein Milliardenunternehmen aus dem Boden stampfen lassen, das sind jedenfalls die großen Versprechen von Startups. Betrachtet man die aktuellen Trends, stechen dabei zwei Technologien besonders heraus.
Zum einen die künstliche Intelligenz, die angeblich alles effizienter macht und Blockchain, die Prozesse revolutionieren soll. Doch ist das wirklich eine Pflichtveranstaltung für Startups oder sind viele Gründer gerade dabei, sich mit unausgereiften Technologien ein finanzielles Eigentor zu schießen?
Es gibt Technologien, an denen irgendwann kein Weg mehr vorbeiführt. Das sind E-Mail, Smartphones, Cloud-Computing und Unternehmen, die sich diesen Entwicklungen verweigert haben, sind längst von der Bildfläche verschwunden. Blockchain und KI haben das Potenzial, in die gleiche Liga aufzusteigen.
Die Theorie klingt erst einmal bestechend, denn Blockchain sorgt für fälschungssichere Transaktionen, wenn man Kryptowährung kaufen möchte, transparente Geschäftsprozesse und automatisierte Verträge, die sich selbst ausführen. Eine perfekte Lösung für alle Branchen, in denen Vertrauen eine große Rolle spielt, doch ein Problem bleibt. Die Technologie ist oft schwerfällig, teuer und längst nicht so flexibel, wie es sich Unternehmen wünschen.
Künstliche Intelligenz hingegen ist mittlerweile allgegenwärtig. Sie wertet Daten aus, erstellt Analysen und trifft eigenständig Entscheidungen. Unternehmen setzen sie für Kundenservice, Logistik und Finanzplanung ein. Das Potenzial ist riesig, doch die Grenzen sind es auch. Eine KI kann nur so gut sein wie die Datenbasis, auf der sie trainiert wurde. Entsprechen die Datensätze nicht der Realität, führt das zu fehlerhaften oder verzerrten Ergebnissen und das mit teils gravierenden Folgen.
Nicht jedes Unternehmen benötigt die technologische Keule, um erfolgreich zu sein. KI lohnt sich vor allem dann, wenn große Datenmengen analysiert oder Prozesse automatisiert werden müssen. Ein reines Dienstleistungsunternehmen wird hingegen selten von einer aufwendigen KI-Integration profitieren.
Blockchain ist noch spezieller, sie bietet sich an, wenn fälschungssichere Transaktionen erforderlich sind, etwa bei digitalen Identitäten, Lieferketten oder dezentralen Finanzsystemen. Doch eine entscheidende Frage bleibt: Wo entsteht durch Blockchain ein echter Mehrwert? In vielen Fällen lassen sich die gleichen Prozesse mit klassischen Datenbanken effizienter und günstiger abbilden.
Eine sinnvolle Implementierung hängt also davon ab, ob durch diese Technologien Kosten gesenkt oder völlig neue Geschäftsmodelle ermöglicht werden. Wenn beides nicht gegeben ist, handelt es sich eher um ein teures Prestigeprojekt als um eine echte Verbesserung.
Theorie und Praxis haben eine komplizierte Beziehung. In der Theorie sollen Blockchain und KI Unternehmen effizienter machen. In der Praxis sind sie oft teuer, aufwendig in der Implementierung und bringen eine ganze Reihe an Herausforderungen mit sich.
KI-Modelle müssen trainiert werden und das erfordert riesige Mengen an Daten und ohne Zugriff auf qualitativ hochwertige Daten ist eine eigene KI kaum sinnvoll einsetzbar. Die Alternative besteht darin, auf externe Lösungen zurückzugreifen, doch diese sind nicht immer maßgeschneidert oder flexibel anpassbar. Blockchain steht vor einem ganz anderen Problem: Skalierbarkeit. Die meisten öffentlichen Netzwerke sind langsam und teuer. Unternehmen, die glauben, ihre Prozesse mit Blockchain zu revolutionieren, merken schnell, dass viele Lösungen in der Praxis nicht annähernd so effizient funktionieren wie in der Theorie.
Dazu kommt die Regulierung. Besonders in Europa nehmen Datenschutzgesetze den Unternehmen viele Freiheiten. Eine Blockchain speichert Daten fälschungssicher – was gut klingt, aber mit der DSGVO kollidiert, die das Recht auf Löschung persönlicher Daten vorschreibt. Auch KI steht zunehmend unter Beobachtung, besonders wenn automatisierte Entscheidungen Einfluss auf Menschen haben.
Während viele Unternehmen noch überlegen, ob sich ein Einstieg lohnt, haben sich andere längst entschieden. Der Finanzsektor setzt massiv auf Blockchain, denn digitale Währungen, automatisierte Kreditvergaben und fälschungssichere Verträge werden bereits genutzt. Startups, die in diesem Bereich aktiv sind, kommen um Blockchain kaum noch herum.
KI wiederum ist ein fester Bestandteil der Medizin geworden. Diagnoseverfahren werden durch maschinelles Lernen unterstützt, Krankheitsbilder automatisiert analysiert. Hier geht es nicht mehr um Zukunftsmusik, sondern um echte Fortschritte, die bereits Leben retten. Auch Logistikunternehmen setzen auf beide Technologien. Blockchain hilft dabei, Lieferketten transparent zu machen, während KI für effizientere Routenplanung sorgt und Lagerbestände optimiert.
Kaum ein Bereich entwickelt sich schneller als Künstliche Intelligenz, doch genau das sorgt für Unsicherheit. Die EU hat mit dem AI Act erste Grenzen gesetzt. Anwendungen, die als besonders risikoreich gelten, müssen sich künftig strengen Vorgaben unterwerfen.
Blockchain ist ebenfalls auf dem Radar der Regulierer. MiCAR setzt neue Standards für digitale Finanzprodukte und Kryptowährungen, um den Wildwuchs der letzten Jahre einzudämmen. Das größte ungelöste Problem bleibt jedoch die Schnittstelle zwischen Blockchain und Datenschutz. Eine Technologie, die darauf basiert, dass Daten nicht gelöscht werden können, trifft auf eine Gesetzgebung, die genau das fordert. Eine Lösung dafür gibt es noch nicht.
Blockchain und KI sind keine Technologien, die sich ohne Weiteres in ein Unternehmen integrieren lassen. Es braucht Fachwissen, Infrastruktur und eine langfristige Strategie. Die größten Herausforderungen liegen in der technischen Umsetzung. Hochqualifizierte Entwickler für Blockchain- oder KI-Systeme sind nicht nur schwer zu finden, sondern auch teuer. Unternehmen stehen vor der Wahl, ob sie eigene Teams aufbauen oder externe Partner ins Boot holen. Auch die Infrastruktur spielt eine große Rolle. KI-Modelle benötigen leistungsstarke Rechenzentren oder Cloud-Lösungen mit hoher Kapazität. Blockchain-Systeme hingegen erfordern oft eigene Netzwerke oder Integrationen in bestehende Protokolle.
Dazu kommt die Finanzierung. Gerade in der Anfangsphase kann die Entwicklung teuer werden. Ohne eine klare Strategie, wie sich Investitionen langfristig amortisieren, kann ein Startup schnell an den Kosten scheitern.
Es gibt gute Gründe, auf Blockchain und KI zu setzen und ebenso viele, es bleiben zu lassen. In den richtigen Bereichen sind diese Technologien revolutionär. Doch der Versuch, sie um jeden Preis einzusetzen, kann genauso gut nach hinten losgehen und könnte schlimmstenfalls Jobs kosten.
Technologie ist kein Selbstzweck, sie muss Probleme lösen, nicht nur gut aussehen. Ein Unternehmen, das auf Blockchain oder KI setzt, sollte sich deshalb weniger von Trends leiten lassen und mehr von der Frage: Lässt sich damit wirklich etwas besser machen, oder ist es am Ende nur teurer Schnickschnack?