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26. März 2025, 10:37 :: Aktuelle Trends | Allgemein
Autor: Gastautor
Unsere Bevölkerung wird immer älter. Alter wird in unserer Gesellschaft zunehmend als Makel gesehen. Ab 61 Jahren zählt man in Deutschland zu den Alten. Nur allzu gerne wird man bereits ab 50 der einen, DER Zielgruppe 50plus zugerechnet.
Menschen ab 50 sehen sich häufig mit Vorurteilen, Ausgrenzung und Stereotypisierung konfrontiert. Die Mechanismen, mit denen diese Altersgruppe entindividualisiert und abgewertet wird, erinnern an Muster, die zum Beispiel im Rassismus zu beobachten sind.
Ein zentraler Aspekt von Rassismus ist die Entindividualisierung. Menschen werden aufgrund äußerlicher Merkmale oder ihrer Herkunft nicht mehr als Individuen wahrgenommen, sondern als Teil einer homogenen Gruppe mit vermeintlich negativen Eigenschaften. Ähnliches geschieht über das chronologische Alter bei DER Zielgruppe 50plus. Männer und Frauen werden als „alte Leute“ abgestempelt. Sie erscheinen langsam, rückständig, unflexibel und technikfern.
Anders die Menschen „50minus“. Die Kundengruppe 50minus, noch nie davon gehört?
Kein Wunder! So einen Unsinn macht ja niemand. Baby und Vater in einer Gruppe… . Aber „Kinder“, im Alter von 50 Jahren, können wir schon mit ihren achtzigjährigen Eltern in einer Zielgruppe zusammenfassen…oder?
Viele Gründer übernehmen diese etablierte Sichtweise. Somit „übersehen“ sie die älteren Menschen als potentielle Kunden für ihr Start-up. Dabei haben ältere Konsumenten deutlich mehr Vermögen und sind rein zahlenmäßig mehr. Auch beim Konsum stehen sie jüngeren Menschen in Nichts nach. Schlicht der Fakt, dass sie „alt“ sind, verleitet dazu sie als Kunden nicht in Betracht zu ziehen.
Ältere sind nicht zwingend Kunden jedes Start-up. Allerdings muss sich jedes Gründerteam in einer schnell alternden Welt die Frage stellen: „Sind ältere Konsumenten auch potentielle Kunden oder Nutzer ?“ Bei der Beantwortung dieser Frage sollten Menschen nicht nach ihrem Alter beurteilt werden, sondern nach den Rollen und Lebensphasen, in denen sie sich befinden.
Die Webseite https://stage-not-age.de/ erläutert umfänglich relevante Phasen wie den Ruhestand, die Großelternzeit oder die Menopause und zeigt für jede Phase das Marktpotenzial und die Bedürfnisse auf. Internationale Experten teilen zudem ihr Wissen.
Neben der Definition der potentiellen Kunden sind folgende Dinge zu beachten:
Die Alterung der Gesellschaft bringt viele Herausforderungen mit sich. Eine davon ist die Nutzung digitaler Technologien.
Obwohl es Grund zum Optimismus gibt, bleibt die Digitalisierung hinter ihrem Potenzial zurück. Vor allem, weil ein Teil der älteren Menschen noch nicht so versiert im Umgang mit digitalen Geräten und Diensten ist. Als „digitale Immigranten“ haben sie, anders als die „digital natives“, erst im Erwachsenenalter begonnen, digitale Technologien zu nutzen. Das macht es für sie schwieriger aber nicht unmöglich sich mit der sich schnell verändernden Technologie vertraut zu machen. Digitale Kompetenzen sind gewünscht. Nicht nur von den Anbietern, sondern auch von den Nutzern. Denn nur wer „drin“ ist, bleibt auch Teil der Gesellschaft.
Aber nicht für alle Menschen über 50 ist der digitale Raum eine Herausforderung.
Viele sind meist durch den Beruf technologisch versiert und gestalten neue Entwicklungen aktiv mit. Dennoch hält sich hartnäckig das pauschale Bild vom technikfeindlichen, überforderten älteren Menschen.
Dies hat konkrete Auswirkungen. Unternehmen richten ihre Innovationen fast ausschließlich auf jüngere Zielgruppen aus. Krankenkassen und die öffentliche Verwaltung setzen zunehmend auf digitale Prozesse, ohne diese Innovationen zu erklären. „Try and Error“ zu Lasten der digitalen Immigranten.
Pauschale Schuldzuweisungen sind falsch und helfen nicht weiter. Genauso wenig wie die Tasten auf dem Handy zu vergrößern. Beides verstärkt nur die digitale Altersdiskriminierung. Im Englischen nennt man das „Techno-Ageism“.
Gründer können die Nutzung ihrer digitalen Angebote fördern, indem sie deren Handhabung umfänglich(er) erklären. Hierzu eigenen sich Tutorials und eine Testung der UX durch digitale Immigranten.
Der beste Weg, um digitale Kompetenzen zu vermitteln, ist das Lernen von und mit Gleichgesinnten. Angebote dieser Art werden zu wenig gefördert und angeboten.
Hier können Gründer den Unterschied machen.
Auch in den Medien sowie in der Werbung sind pauschale Altersbilder an der Tagesordnung. Ältere Menschen werden entweder als gebrechlich und hilfsbedürftig oder als unrealistisch fit und übertrieben aktiv dargestellt. Die reale Vielschichtigkeit bleibt unberücksichtigt.
Auch wenn Begriffe wie „Silver Ager“ oder „Best Ager“ wohlwollender klingen als „Ausländer“ oder „Migranten“, setzen sie doch implizit die Zugehörigkeit zu einer anderen Bevölkerungsgruppe, die „der Alten“, voraus. Altersdiskriminierung erfolgt subtil aber nicht weniger schlimm.
Hier wird deutlich, dass Sprache und Bilder mächtige Instrumente der Wahrnehmung sind. Sie werden oft bewusst eingesetzt, um Gruppen auf bestimmte Rollen zu reduzieren. Diese Illustrationen, wie das grauhaarige Paar in beiger Jacke auf der Parkbank, prägen nicht nur unsere Wahrnehmung. Sie dienen zudem auch als Trainingsdaten für künstliche Intelligenz.
Start-ups tun gut daran, dies bei der Entwicklung ihrer Kommunikation, aber auch beim Training ihrer KI-Modelle zu berücksichtigen, um potenzielle Kunden nicht mit ihrer Kommunikation vor den Kopf zu stoßen oder durch ihre Modelle zu diskriminieren.
NRW liegt in Sachen „silver economy“ weit vorn, denn der erste DACH-weite Gründerpreis wurde hier ins Leben gerufen. Der SENovation-Award zeichnet seit 2018 junge Start-ups und Teams in der Vorgründung aus, die (auch) ältere Kunden im Blick haben. Die Schirmherrschaft hat von Beginn an das Ministerium für Wirtschaft, Industrie, Klimaschutz und Energie des Landes Nordrhein-Westfalen. Auch der Hauptsponsor hat seinen Sitz in NRW, genauer gesagt in Dortmund: Die SIGNAL-IDUNA Gruppe.
Über 450 Teams aus Deutschland, Österreich und der Schweiz haben sich bisher beworben. Auch in 2025 können sich Teams wieder bis zum 30. Juni bewerben. Von März bis Juni finden zudem zahlreiche Workshops und Events statt, die rund um den Trend longevity (Langlebigkeit) informieren.
Alter ist bunt nicht grau. Gründer, die das verstehen, sichern sich den Zukunftsmarkt „Alter“.
Autor:
Frank Leyhausen berät seit 2000 Unternehmen, Behörden und gemeinnützige Organisationen zu den Chancen und Herausforderungen einer alternden Gesellschaft. Die Handlungsfelder sind Innovation und Kommunikation sowie die Auswirkungen auf den Arbeitsmarkt. 2018 hat der Wahlkölner den Gründerpreis SENovation-Award imitiert und unterstützt aktiv ie Gründerszene im DACH-Raum.