- Wednesday, 08.01.25, 11:00 - 12:00 Uhr
- Remote per zoom call,
- Lukas Stratmann
1. April 2019, 14:53 :: Allgemein
Autor: Olga Rube
Versicherungen haben den Ruf, kompliziert und undurchsichtig zu sein. Ein InsurTech Startup aus Heidelberg will das Image ändern und lebt den Grundsatz einer transparenten Versicherung vor. Das junge 50-köpfige Team beruft sich ausschließlich auf digitale Services und setzt damit vollkommen neue Maßstäbe für die Assekuranz. Wir haben uns mit Claire Sévin, VP Customer Experience bei Getsafe, getroffen und im offenen Dialog über die Herausforderungen diskutiert, denen sich Versicherer im Zuge der Digitalisierung in Zukunft stellen müssen und was Teilnehmer der dritten InsurTech Week in Köln vom 20. – 24. Mai erwarten können.
Hallo Claire! Kannst du uns in 2- 3 Sätzen die Vision von getsafe näherbringen?
“Gerne! Getsafe ist ein Technologieunternehmen, das sich auf das Produkt Versicherung spezialisiert hat und die Vision verfolgt, einen Begleiter zu schaffen, der den Versicherungsnehmer über sein Leben hinweg begleitet, um die materiellen Dinge und Personen, die für ihn wertvoll sind, optimal absichern zu können. Wir agieren dabei stets nach den Grundsätzen Fairness und Transparenz, um unseren Kunden langfristig das Leben leichter zu machen. Die Zielgruppe, die wir erreichen wollen, sind vornehmlich Millennials, sprich Personengruppen der Generation Z, die schlichtweg andere Kundenbedürfnisse und Ansprüche haben als ältere Zielgruppen. Dass wir eigene Versicherungen anbieten, war nicht immer so: Anfang 2015 ist Getsafe zunächst als Versicherungs-Broker gestartet.”
Du beschäftigst dich viel mit dem Thema Customer Experience und Consumer Research. Warum sind diese Themen gerade in der Versicherungsbranche so relevant und welche Rolle nimmst du in dieser Hinsicht bei getsafe ein?
“Vor rund eineinhalb Jahren habe ich bei Getsafe als Product Leader angefangen. Im Grunde ist das die Person, die für die Entwicklung digitaler Produkte und neuer Features verantwortlich ist und dabei eng mit Experience Designern, Entwicklern und einem Team aus Product Managern zusammenarbeitet. Seit Anfang des Jahres widme ich mich dem Thema Customer Experience, mit dem Bestreben, das Kundenerlebnis entlang des gesamten Lebenszyklus eines Versicherungskunden bei Getsafe zu verbessern. Mein übergeordnetes Ziel ist es, ein ganzheitliches Erlebnis für den Kunden zu schaffen. Um diesem Ziel näherzukommen, erstellen wir etwa Personas auf Basis von Daten und Insights. , Auf diese Weise können wir herausfinden, welche Bedürfnisse wir bereits erfüllen und wo gegebenenfalls noch Optimierungsbedarf besteht. Eines der Kernbedürfnisse unserer Zielgruppe Millennials ist beispielsweise Flexibilität: Um bestmöglich auf diesen Aspekt einzugehen, bieten wir unseren Kunden die Möglichkeit, weiteren Versicherungsschutz und Services mit nur einem Klick hinzuzubuchen, andererseits aber auch täglich zu kündigen. Wie stark unser digitaler Fokus ist, merkt man zudem daran, wie groß unser Customer Service Team ist: vier Leute, die sich um 50.000 Kunden kümmern – das ist ein Wahnsinns-Verhältnis. Und das bei einer Kundenzufriedenheit, die mit einem NPS von über 50 deutlich höher ist als bei traditionellen Anbietern.”
Warum hat das Thema Versicherung einen so unbeliebten Ruf und was braucht es für einen Imagewechsel?
“Das Problem, das viele Menschen mit ihren Versicherungen haben, ist mangelnde Transparenz und ein hohes Maß an Komplexität. Viele Versicherungsnehmer legen sämtliche Versicherungsdokumente bestenfalls in irgendwelchen Ordnern ab, was zu Chaos führt und dazu, dass sie den Überblick über ihre Versicherungspolicen verlieren. Der erste Schritt, den Getsafe als erstes InsurTech in Deutschland vor knapp vier Jahren gegangen ist, war es, einen Versicherungsmanager auf den Markt zu bringen, der es Kunden ermöglicht, ihre bestehenden Policen von allen möglichen Versicherern digital in einer App zu verwalten. Basierend auf den jeweiligen Daten und Unterlagen des Kunden konnte Getsafe Empfehlungen abgeben, die darauf abzielen, die bestmögliche Absicherung zu gewährleisten. An der Stelle haben wir mit sämtlichen Versicherungen zusammengearbeitet, dabei aber auch schnell gemerkt, dass es relativ schwierig ist, ein wirklich revolutionäres Kundenerlebnis zu bieten, sofern an den Prozessen traditioneller Versicherer festgehalten wird. So hat es teilweise vier bis sechs Wochen gedauert, bis die neue Police nach einem Versicherungswechsel in der App hinterlegt war. Nicht, weil es auf unserer Seite zu Versäumnissen kam, sondern weil wir schlichtweg zu lange auf eine Rückmeldung des Versicherers warten mussten. Das war der ausschlaggebende Punkt, der zu dem Entschluss führte, das Broker-Geschäft abzustoßen und uns zum Versicherungsanbieter weiterzuentwickeln. Am Ende des Tages ist eine gutes Kundenerlebnis das A und O und das konnten wir damals nicht bieten. Seitdem wir letztes Jahr das Broker-Geschäft an Verivox verkauft haben, fokussieren wir uns darauf, der beste digitale Versicherungsanbieter für unsere Zielgruppe zu sein.”
Ihr arbeitet mit dem Rückversicherer Munich Re zusammen – das sind zwei Welten, die aufeinanderprallen. Wie geht das gut?
“Ja das stimmt. Mit Munich Re haben wir den größten Rückversicherer weltweit als Partner an Bord, der für uns als Risikoträger fungiert, da wir selbst noch keine Versicherungslizenz haben. Bei der Kooperation treffen tatsächlich unterschiedliche Mindsets aufeinander – nicht zwingend, weil es sich bei der Munich Re um einen Konzern handelt, sondern eher, weil es im Wesen eines Rückversicherer liegt, Risiken zu minimieren. Auch wenn wir mit Getsafe gleichermaßen in der Versicherungsbranche tätig sind, ist ein Startup naturgemäß viel eher bereit, Neues auszuprobieren und in diesem Zuge zunächst Risiken einzugehen. Nichtsdestotrotz sehe ich viele Vorteile in den Gegensätzen zwischen Getsafe und Munich Re und dieser Art der Zusammenarbeit. In vielerlei Hinsicht steht man stetig im spannenden Dialog miteinander, der den Austausch von Wissen und Kompetenzen ermöglicht. Es findet eine Annäherung statt, die großartige Synergien schafft und dazu führt, dass man jede Menge voneinander lernt und sich optimal ergänzen kann. Nicht ohne Grund gibt es mittlerweile in nahezu jedem Konzern einen Innovationsbereich oder eine Startup-Unit, in der junge Unternehmen gefördert werden.”
Gibt es bereits konkrete Ziele, die Versicherungslizenz zu erlangen?
“Ich denke das ist die natürliche Entwicklung, um künftig flexibel und unabhängig zu sein. Die Rechtsform der MGA anzunehmen war für uns ein guter Schachzug, um möglichst schnell einen Markteintritt zu erwirken. Anstatt darauf zu warten, eine eigene Lizenz zu erlangen, konnten wir uns einen signifikanten Vorsprung sichern und auf dem Weg jede Menge lernen. Das gilt auch erstmal für die weitere Expansion in neue Sparten im In- und Ausland.”
Zu guter Letzt: Für wen ist die InsurTech Week in Köln besonders interessant ist und wer sollte sich die Themenwoche auf keinen Fall entgehen lassen?
“Da das Publikum so breit gefächert ist – von großen Versicherungskonzernen bis hin zu Studenten und InsurTechs – glaube ich, dass die InsurTech Week für alle spannend ist, die Spaß an verschiedenen Formaten haben, etwa an einem Reverse Pitch und den vielen interaktiven Sessions. Für Leute, die sich nur berieseln lassen möchten, ist die Woche eher nicht das Richtige. Andererseits ist die InsurTech Week für alle, die Lust haben, neue Ideen einzubringen, mitzudenken und sich mit anderen kreativen Köpfen über neue Wege in der Versicherungsbranche auszutauschen, ein absoluter Pflichttermin.”
Spannende Insights, die Vorfreude auf die kommende InsurTech Week in Köln in uns wecken! Bei der diesjährigen InsurTech Konferenz am 23. Mai ist Claire Sévin als Speaker mit dabei – sicher dir hier dein Ticket!