Johannes Nünning von der Deutschen Telekom im Interview - STARTPLATZ

Johannes Nünning von der Deutschen Telekom im Interview

6. Oktober 2014, 13:30 :: Allgemein

Autor: Matthias Gräf

„Ist die Idee gut genug?“ „Glaubst du, dass es wirklich funktionieren kann?“ Fragen die Johannes Nünning öfter in seiner Sprechstunde im STARTPLATZ gestellt bekommt.

Johannes Nünning von der Deutschen Telekom ist unser allererster Executive in Residence: Seit Mai 2013 ist er, jeweils am ersten Dienstag des Monats, im STARTPLATZ um Gründern und Startups mit Rat und Tat zur Seite zu stehen.

In diesem Interview erklärt Johannes, der als Vice President Business Strategy bei der Telekom Deutschland GmbH tätig ist, warum er das macht und was Großunternehmen noch von der Startup-Szene lernen können.

Worum geht es in deiner Sprechstunde?

Ich höre zu :)

Ich gebe Feedback zu Geschäftskonzept, Geschäftsidee und zur Frage wie es weitergehen kann. Dabei helfe ich mit meinen eigenen Ideen, mit meinem Netzwerk und Kontakten zur Telekom, bspw. zum hubraum.

Warum machst du das?

Zur allererst, weil es mir Spaß macht. Ich mache Ähnliches in meiner täglichen Arbeit bei der Telekom: Ich habe viel mit neuen Ideen zu tun. Viele Mitarbeiter, die eine Geschäftsidee haben, kommen auch zu mir. Denn wir unterstützen Mitarbeiter in unserem Intrapreneurship-Programm UQBATE, aus deren Ideen ein Geschäft zu machen, damit wir bei der Telekom neue Geschäftsfelder starten können.

Die Gespräche hier am Startplatz sind eine Win-win-Situation, denn das, was ich hier mache, hilft mir bei meiner Arbeit und umgekehrt auch meinen Gesprächspartnern. Ich kann dank der Erfahrungen, die ich hier mit der Startup-Szene mache, die Gespräche mit meinen Kollegen bei der Telekom besser führen: Sinnvolles Feedback geben und nützliche Fragen stellen. Gleichzeitig hilft meine tägliche Arbeit dabei, die Gespräche hier besser zu gestalten.

UQBATE ist ein internes Innovationsprogramm, das aus Mitarbeiterideen neue Geschäftsfelder schafft

Wobei brauchen die Startups am meisten Hilfe?

Mein Eindruck ist, dass die meisten Fragen in die eine Richtung gehen: „Ist die Idee gut genug?“, „Glaubst du, dass es wirklich funktionieren kann?“ Oft frage ich dann zurück, welches Problem die Startups mit ihrer Idee eigentlich adressieren wollen, und warum sie sicher sind, dass diese Problem auch wirklich existiert…

Manchmal suchen die Gründer einfach Erfahrungsaustausch. Das ist auch logisch, weil jedes Projekt klein anfängt; egal ob als Gründer auf der grünen Wiese oder ein Innovationsprojekt in einer großen Firma. Man muss viel ausprobieren und lernen, bevor man Investoren oder Manager überzeugen kann, viel Geld in die Geschäftsidee zu stecken. So arbeiten wir zumindest bei UQBATE.

Wie gehst du dabei vor?

Ich versuche oft die Gründer zum Nachdenken zu bringen. Wie schon kurz gesagt am liebsten mit den Fragen: „Weißt du schon, welches Problem du mit deiner Idee lösen wirst?  Weißt du überhaupt, ob dieses Problem  oder das Bedürfnis in dem Markt existiert? Bei welchem typischen Kundensegment? Wie viel Geld hast du schon ausgegeben? Wie viel Geld glaubst du noch ausgeben zu müssen, und wofür?“

Wieso interessierst du dich für die Startup-Szene, obwohl du in einem etablierten Großunternehmen arbeitest?

Seit ungefähr drei Jahren bin ich in der Startup-Szene unterwegs. Ich  habe damals bei der Telekom das UQBATE Programm initiiert, in dem wir interne „Gründer“ suchen und unterstützen, aus Ideen ein internes Startup und neue profitable Produkte für uns zu machen. Daher interessierte ich mich dafür noch besser zu verstehen, wie die Startups arbeiten: Letztendlich schaffen es Gründer ja eigentlich, aus dem „Nichts“ etwas zu machen, während in einer großen Firma ganz viele Ressourcen und gute Teams bereits vorhanden sind- und Großunternehmen trotzdem eben häufig zu wenig neues erschaffen. Großunternehmen müssen sich anpassen an das, was Startups können.

Mich interessiert, wie es die Gründer da “draußen“ es hinbekommen, allein aus einer Idee eine Firma aufzubauen? Ich habe schnell gesehen, dass diese Erfahrungen aus der Startup-Szene auch uns als großer Firma helfen können. Viele Gründer oder Freelancer aus dem so entstandenen Netzwerk helfen uns auch mittlerweile im UQBATE Programm. Das alles waren die Gründe, mich auch hier am Startplatz einzubringen.

 

Johannes Nünning war der erste Excutive in Residence im STARTPLATZ

 

Wie hat deine Kooperation mit dem STARTPLATZ angefangen?

Lorenz Gräf (STARTPLATZ-Geschäftsführer) und ich haben auf einem Startup Breakfast zusammengestanden. Ich habe schon lange gedacht, dass ich so etwas wie Open Office Hours machen möchte und mich in den kalten Wind stellen will, weil ich erwartet habe, dass es mir auch Spaß machen würde. Dann hat Lorenz gemeint, dass der STARTPLATZ genau solche Sprechstunden von erfahrenen Managern einrichten will. Ich war dann der Erste, der im Rahmen des Executives in Residence Programms für Startups Sprechstunden angeboten hat.

Kommen viele Gründer hier auf dich zu?

Jeder Termin hier ist wie eine Wundertüte: Manchmal habe ich feste Verabredungen, manchmal nicht. Meistens kommen Leute, manchmal aber auch nicht. Im Moment komme ich an jedem ersten Dienstag im Monat. Aber vielleicht werden wir die Häufigkeit noch etwas erhöhen.

Wem würdest du deine Sprechstunde empfehlen?

Jedem, der mit einer Geschäftsidee „schwanger“ ist und sich überlegt, wie er jetzt anfangen sollte. Jedem, der offen für Feedback und für kritische Fragen ist oder auch im Moment nicht mehr weiter weiß.

Welche Tipps hast du für Gründer?

Fang einfach an, aber gib erstmal möglichst kein Geld aus! In einer großen Firma bleibt man üblicherweise ganz lange sitzen und überlegt und versucht den besten Weg möglichst am Anfang sehr genau zu definieren. Meeting folgt auf Meeting, Abstimmungsrunde auf Abstimmungsrunde, und immer gibt es noch jemanden, der eingebunden werden muss. Oft kommt dabei nichts Gutes heraus. Aber im Zusammenhang mit neuen Ideen ist es ist eigentlich egal, wie man anfängt; Hauptsache du fängst an! Sobald Du eine Idee hast, verlasse das Gebäude, geh zum Kunden, höre zu und lerne. Denn auch wenn die ersten Schritte vielleicht falsch sein werden,  so hast du auf dieser Suche hin zum funktionierenden Geschäftsmodell zumindest schon mal diesen ersten Weg ausgeschlossen und kannst besser entscheiden, welcher zukünftige Weg passender ist.

Spannend für mich ist auch, dass es für Großunternehmen eher unüblich ist sich ehrlich am Anfang klar zu machen, dass es keine Garantie dafür gibt, mit der neuen Idee auch erfolgreich zu sein. Das ist für viele Startups aber in aller Regel schon mal eine realistische Option! Egal, wie super Lean du startest, deine Idee kann trotzdem einfach schlecht ist. Oder sie ist zu früh oder zu spät gestartet. Oder das Team fällt auseinander…. Alles das kann passieren.

Ein guter Unternehmer ist keiner, der alleine oder wie der liebe Gott sieht, was die Welt irgendwann brauchen wird…

Also bist du ein Fan von Lean Startup?

Ich mag die Lean Startup Methode bzw. deren Attitude, weil die ja im Grunde sagt: Bau etwas was Kunden wirklich wollen, fang klein und sparsam an, investiere in etwas, was Du wirklich verstanden hat. Das ist eine ganz wesentliche Grundhaltung.

Nimm dir Zeit herauszubekommen, was die Kunden wirklich wollen, statt irgendwelche ewig alten Pläne umzusetzen, ohne auf die Realität da draußen Rücksicht zu nehmen.

Lean Startup bedeutet für mich, mit Unsicherheit umzugehen und zu lernen, ob und wie die Idee realisiert werden kann. Das heisst, sich immer wieder von dem zu verabschieden zu wollen, an das man vor kurzem noch geglaubt hat. Als Gründer möchte man aber eigentlich ungerne vom eigenen Weg abgebracht werden und freut sich über jedes positive Feedback. Dann ist man in einem Modus, indem man sein Produkt geil findet, sich aber eigentlich davor fürchtet, kritisches Feedback zu bekommen. Man will nicht erkennen, dass man doch eine Lösung hatte für die es aber – vielleicht haarscharf daneben – eben kein echt vorhandenes Kundenproblem gibt. Das ist ein extrem spannender Prozess, in  dem man lernen muss mit diesen Widersprüchen umzugehen. Und das Ganze am besten schon, bevor man viel Geld investiert hat.

Ein guter Unternehmer ist keiner, der alleine oder wie der liebe Gott sieht, was die Welt irgendwann brauchen wird und das dann straight forward umsetzt. Unternehmer sind Menschen, die die Kunst des Möglichen beherrschen, lernfähig und leidensfähig und frustrations tolerant sind. Das gilt für Entrepreneure genaus so wie für Intrapreneure. Und bei der Telekom gibt es viele Kolleginnen und Kollegen, die diese Eigenschaften mitbringen.

Was können denn bereits etablierte Unternehmen von Startups lernen?

Klein und bescheiden anfangen, Fehler machen und lernen wollen, sparsam starten, auch wenn man großes vorhat.

Jedes Unternehmen steckt irgendwo in einer  paradoxen Situation, in der man nichts Neues mehr hervorbringt, eben weil man erfolgreich ist. Man hat zwar spezifisches Know-how und stellt sich die Frage: „Kann ich aus dem, was ich in meinem Kerngeschäft gelernt habe, etwas Neues machen?“, aber schaut oft zu wenig nach draußen auf Kundebedürfnisse.

Richtig schwierig wird es dann, wenn das, was man neu machen könnte, das eigene Kerngeschäft, – also das wovon man heute lebt –  zerstört. „Ergebnisse“ dieses Dilemmas sind bspw. Skype oder WhatsApp,, die von keiner Telekommunikations-Firma erfunden wurden, obwohl diese Dienste genau ihre Kernkompetenzen berühren!

Kooperation ist hier der Schlüssel?

Große Unternehmen können und müssen von Startups lernen, um wettbewerbsfähig zu sein. Ich glaube aber auch, dass etablierte Unternehmen Startups viel Unterstützung geben und Türen öffnen können!

In Deutschland gibt eine große Finanzierungslücke. Gerade im Anschluss an der Seed-Phase, wenn es wirklich darum geht, das Unternehmen aufzubauen und mehr als ein paar zehn- oder Hunderttausend Euro zu investieren. Dann müssen ein paar Millionen in eine Firma investieren werden, die noch wenigUmsatz macht und keine Profitezeigen kann. Ich glaube, dass etablierte Unternehmen die finanziellen MIttel dazu eigentlich hätten, wenn sie sich wirklich zutrauen würden, etwas Neues aufzubauen Corporates könnten dabei helfen, diese auch volkswirtschaftlich relevante Finanzierungslücke zu überbrücken. Entweder, in dem sie intern wie Startups arbeiten, oder externe Startups finanzieren.

Warum gibt es diese Finanzierungslücke?

Es hat mit Risikoversion von Corporates zu tun und – das kann man gut nachvollziehen, denn erfolgreiche Unternehmen haben viel zu verlieren. Hier macht Vorsicht großen Sinn. Ein paar Millionen wiederum sind für Startups echt viel Geld, in größeren Corporates aber eine alltägliche Rechengröße, auch in Bezug auf eigene Neuprojekte.

Ich werbe dafür, dass gewisse Anteile von dem, was an Finanzkraft in Firmen da ist, auch in Startups investiert werden könnte..

Es kann auch natürlich auch ein Budget für eigene Startups sein: Firmen sollten selbst interne Startups gründen oder  ausgründen. Diese Corporate Startups könnten anfangs ähnlich wie VC finanzierte Gründungen ebenfalls nur mit Investitionsmitteln und nicht oder kaum aus Umsatz finanziert werden. Für Firmen würde es sich lohnen so zu agieren, wie viele Venture Capitalists agieren Diese Haltung haben wir im UQBATE Programm, und vielleicht färbt sie ja auf andere Unternehmen ab.

Was wünschst du dir für die Kölner Startup-Szene?

Wenn man in Köln Innovation macht, muss der Dom unbedingt irgendwo zu sehen sein. Das ist gut, aber ich glaube die Szene der Stadt könnte noch mehr schaffen, wenn sie mehr auch auf die andere Rheinseite schaut und andere Kirchtürme betrachtet. Der Pirate Summit ist dafür ein super Beispiel: Das ist kein Event nur für Köln oder NRW, er ist letztlich für Europa, plus x.

Ich kann mir vorstellen, dass wir – gerne von Köln aus – einen Kontrapunkt zu Berlin aufbauen.

Dadurch, dass es im Rhein-Main-Ruhrgebiet viele etablierte Unternehmen sind, gibt es gute Chancen  auch mit der Finanzkraft etablierter Unternehmen,  Neues aufzubauen und firmeninterne und externe Gründer zu motivieren, loszulegen.

 

Die nächste Sprechstunde von Johannes Nünning findet am 7. Oktober im STARTPLATZ statt.

 

Mehr über Johannes Nünning:

Johannes Nünning ist Vice President Business Strategy für Mehrwertdienste bei der Telekom Deutschland GmbH.

Im Jahr 2011 initiierte Johannes bei der Telekom das interne Innovationsprogramm UQBATE, das wie ein interner Inkubator aus Ideen von Telekom-Mitarbeitern mit Ihnen als Corporate Entrpreneurs neue Geschäftsfelder aufbaut.

Seit 2013 bietet er monatlich seine Sprechstunden im STARTPLATZ an.

Seine Schwerpunkte liegen bei den Themen Lean Startup, Corporate Entrepreneurship, Business Model Generation und Go-to-Market.

Im Jahr 2013 hat Johannes den Corporate Startup Summit mitorganisiert, der Corporate Entrepreneurship zum Thema macht. Der nächste Corporate Startup Summit ist für den 03.12.2014 in Frankfurt am Main geplant.

 


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  • Wednesday, 08.01.25, 11:00 - 12:00 Uhr
  • Remote per zoom call,
  • Lukas Stratmann

  • Thursday, 09.01.25, 09:30 - 11:30 Uhr
  • STARTPLATZ, Speditionstraße 15A, 40221 Düsseldorf

  • Friday, 10.01.25, 12:00 - 13:00 Uhr
  • Remote per zoom call,
  • Lorenz Gräf

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