Von Arbeitsstättenverordnung bis Unfallverhütungsvorschriften – die wichtigsten gesetzlichen Arbeitgeberpflichten im Überblick - STARTPLATZ

Von Arbeitsstättenverordnung bis Unfallverhütungsvorschriften – die wichtigsten gesetzlichen Arbeitgeberpflichten im Überblick

14. August 2023, 15:07 :: Allgemein | Startups

Autor: Gabriel Zimmer

Arbeit kann sich in verschiedenerlei Hinsicht irgendwie negativ auswirken. Aus diesem Grund darfst du insbesondere als Arbeitgeber keineswegs schalten und walten, wie du möchtest, sondern musst dabei zahlreiche staatliche und halbstaatliche Vorgaben beachten. Wir geben dir jetzt einen Überblick über deine wichtigsten Pflichten und was es mit ihnen auf sich hat.

  1. Gefährdungsbeurteilungspflicht

Zwar gibt es einige Gefahren und Risiken, die sozusagen universell von jedem Arbeitsplatz ausgehen. In der Praxis gibt es jedoch sehr differenzierte Unterschiede – ein Büro hat einfach andere Gefahren als beispielsweise eine Gießerei.

Diese Tatsache wird im Kern durch das Arbeitsschutzgesetz angesprochen und im weiteren Verlauf durch die Arbeitsstättenverordnung erweitert (die Verordnung existiert, um Gefährdungen zu vermeiden, die durch das Gesetz nicht erfasst werden). 

Kurz gesagt verlangen die Vorgaben zunächst von dir, auf professionelle Weise sämtliche Gefährdungen zu eruieren, die in deinem Unternehmen im Zusammenhang mit der allgemeinen Betriebstätigkeit und den davon abgeleiteten Arbeiten auftreten können. Ist das getan, musst du dazu passende Arbeits- und Gesundheitsschutzmaßnahmen erlassen, um diese Risiken weitestgehend zu minimieren.

Dadurch bist du auf zweierlei Arten in der Pflicht:

  1. Du musst ganz allgemeine Gefährdungen erfassen und minimieren. Hierbei ist das Thema Brandschutz besonders prominent. So verlangt die Arbeitsstättenverordnung sowohl den Einsatz als auch die regelmäßige Prüfung von Feuer- respektive Brandschutztüren und deren Feststellanlagen. Da es in jedem Betrieb brennen kann, soll dadurch die Ausbreitung vermieden werden – unter anderem, damit Anwesende Zeit zur Flucht haben.
  2. Du musst spezifische, durch deine konkrete Branche und Arbeitsweise auftretende Gefährdungen erfassen und minimieren. Darunter fallen etwa sehr konkrete Vorgaben, auf welche Weise du Bildschirmarbeitsplätze gestalten musst. Hierzu gibt es die als Unfallverhütungsvorschriften bekannten Publikationen der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV). Eine äußerst reichhaltige Sammlung von Vorgaben und Hilfen zur Umsetzung. 

Dazu sei erwähnt, dass die Gefährdungsbeurteilungspflicht sehr umfassend und detailliert ist. Bei der Umsetzung helfen die Technischen Regeln für Arbeitsstätten – eine Kollektion von praxisnahen Regelwerken, die die Gesetzesvorgaben konkretisieren und an denen du dich orientieren solltest. 

  1. Betriebsanweisungspflicht

Viele Gefährdungen können durch die Natur der Arbeit nicht ganz minimiert werden. Andere Schutzmaßnahmen greifen nur durch menschliches Wohlverhalten – so sehr man in der Arbeitsschutzpraxis auch versucht, derartiges zu vermeiden. 

Daraus ergeht eine Tatsache: Jeder, der sich in deinem Betrieb befindet, muss detailliert wissen, wie er sich für maximale Sicherheit verhalten muss. Für dich besteht daher eine Pflicht, Betriebsanweisungen zu erstellen, aus denen genau dieses Verhalten hervorgeht – und sie gut sichtbar aushängen.

Dazu gibt es klare Vorgaben, wie diese Anweisungen aussehen müssen – und praktisch jede Berufsgenossenschaft hält eine Menge Muster bereit, an denen du dich orientieren kannst. Allerdings ist die Erstellung nur ein Teilaspekt. „Rund“ wird es erst, wenn eine weitere Pflicht erfüllt ist:

  1. Unterweisungspflicht

Wenn eine Betriebsanweisung erstellt wurde, dann muss sie bekannt gegeben werden. Außerdem ergeht unter anderem aus dem Arbeitsschutzgesetz ebenso eine Pflicht, deine Mitarbeiter über Arbeitssicherheit und Gesundheitsschutz zu briefen – und zwar sowohl, wenn du neue Leute einstellst als auch generell mindestens einmal jährlich für alle und immer dann, wenn sich etwas verändert; etwa du neue Arbeitsmittel beschaffst.

Rechtssicher geht das, wenn du dein Team während der Arbeitszeit unterweist (oder unterweisen lässt) und alles sorgfältig dokumentierst. 

  1. Dokumentationspflicht

Verpflichten ist gut – Kontrolle ist besser. In Abwandlung des bekannten Sprichworts genügt es daher für den Gesetzgeber keineswegs, dir jede Menge Vorgaben zu machen, dich dann aber mit ihnen sozusagen allein zu lassen. 

Im Gegenteil: Du als Unternehmer stehst hier in einer sehr umfassenden Verantwortung, absolut alles dokumentieren zu müssen. Das solltest du jedoch definitiv nicht nur als eine vielleicht lästige Pflicht ansehen. Eine rechtssichere Dokumentation kann mitunter für dich der einzige Weg sein, der es dir gestattet, Vorwürfe von Fehlverhalten zu entkräften.

In der Praxis gibt es für dich verschiedene staatliche Vorschriften, bei denen du dokumentieren musst. Im Einzelnen sind das in alphabetischer Reihenfolge:

  • Arbeitsschutzgesetz
  • Arbeitsmedizinische Vorsorge-Verordnung
  • Arbeitsstättenverordnung
  • (Arbeitszeitgesetz)
  • Betriebssicherheitsverordnung
  • Biostoffverordnung
  • DGUV Vorschrift 1
  • Gefahrstoffverordnung
  • Gesetz über Betriebsärzte, Sicherheitsingenieure und andere Fachkräfte für Arbeitssicherheit
  • Jugendarbeitsschutzgesetz
  • Lärm- und Vibrations-Arbeitsschutzverordnung
  • Mutterschutzgesetz
  • Verordnung zum Schutz der Beschäftigten vor Gefährdungen durch elektromagnetische Felder
  • Verordnung zum Schutz der Beschäftigten vor Gefährdungen durch künstliche optische Strahlung

Das sieht auf deinem Bildschirm wahrscheinlich nach sehr viel aus. Allerdings wird ein großer Teil davon sowieso schon von der Pflicht zur Gefährdungsbeurteilung abgedeckt. Zudem gibt es für Kleinstunternehmen mit nicht mehr als zehn Beschäftigten hierbei in Sachen Gefährdungsbeurteilung deutliche Erleichterungen, wenn sie einige Grundbedingungen erfüllen – wenngleich ihre Ausnahme von der Dokumentationspflicht schon 2013 abgeschafft wurde.

Weiter musst du hier noch eine weitere wichtige Dokumentationspflicht beachten. Sie tritt erst dann in Kraft, wenn es bei dir einen Arbeitsunfall (oder Wegeunfall) gegeben hat, der konkrete Bedingungen erfüllt:

  • Dein Mitarbeiter wird für mindestens drei Tage ganz oder teilweise arbeitsunfähig

oder

  • Dein Mitarbeiter verstirbt durch den Unfall.

Wenn es einen Zusammenhang mit der Biostoff- oder Gefahrstoffverordnung gibt, dann bist du zusätzlich verpflichtet, neben „echten“ Unfällen auch andere Vorfälle zu melden, etwa Betriebsstörungen oder Krankheitsfälle.

Im Gegensatz zu vielen anderen Dokumentationspflichten gibt es hier keine Vorgabe, in welcher Form die Erfassung erfolgen sollte. Allerdings solltest du eine wählen, bei der eine möglichst lange Kontrollierbarkeit gegeben ist.

Last, but not least, gibt es noch eine Dokumentationspflicht, die immer dann greift, wenn bei dir im Betrieb Erste Hilfe geleistet werden muss. Hier ist die Vorgehensweise besonders simpel: 

Ganz gleich, was genau passiert ist. Selbst, wenn sich nur einer deiner Mitarbeiter am Papier geschnitten hat und ein Pflaster durch den betrieblichen Ersthelfer aufgeklebt bekommt, du musst stets jede Form von Ersthilfemaßnahme dokumentieren. Die meisten Betriebe machen das in Form eines Verbandbuchs. Apropos Verbände und Pflaster:

  1. Vorsorge- und Ersthilfepflicht

Sicherstellen, dass möglichst gar nichts passiert. Und wenn doch etwas passiert, werden die Folgen und Auswirkungen so gering wie möglich halten. Mit diesen beiden Sätzen lässt sich ziemlich griffig jede Form und Zielsetzung von betrieblichen Sicherheitsvorgaben zusammenfassen. 

Dadurch werden hier automatisch Pflichten bedeutsam, bei denen du Vorsorge und Ersthilfe garantierst. Fangen wir mit ersterem an, da es hier eine zweigeteilte Pflicht gibt:

  • Arbeitsmedizinische Vorsorge: Solange deine Gefährdungsbeurteilung oder die darauf basierenden Schutzmaßnahmen eine Gefährdung in einem bestimmten Bereich nicht völlig ausschließen können, musst du deinen Beschäftigten eine regelmäßige arbeitsmedizinische Untersuchung ermöglichen. 
  • Notfallvorsorge: Je nach Art und Größe deines Betriebs und der Zahl der Mitarbeiter bist du in der Pflicht, Maßnahmen zu treffen, die zur Ersten Hilfe, zur Brandbekämpfung und zur Evakuierung erforderlich sind. Daraus ergeht unter anderem deine Verpflichtung zum Verteilen von Feuerlöschern und dem Bereitstellen von Verbandskästen nach DIN 13157, respektive DIN 13169 (besser bekannt als Betriebsverbandkasten in kleiner und großer Ausführung).

Aus dieser Pflicht zur Notfallvorsorge ergeht wiederum eine Pflicht, im Fall der Fälle kompetente Erste Hilfe leisten zu können und es auch zu tun. Daher musst du je nach Betriebsgröße eine unterschiedliche Art von Ersthelfern benennen. Vorsicht: Hierbei ist die Bezugsgröße die Zahl von Anwesenden, nicht die absolute Zahl deiner Mitarbeiter.

Derartige Ersthelfer müssen namentlich benannt sein. Sie müssen ferner einen Basiskurs in Erster Hilfe durch fachlich geeignete, freigegebene Ermächtigte Stellen mit neun Unterrichtseinheiten durchlaufen und ihr Wissen im Zweijahresturnus auffrischen – ebenfalls mit neun Unterrichtseinheiten.

Du musst hierbei außer der Benennung und der Kontaktierung einer Ermächtigten Stelle nicht viel tun. Die Kosten für Ausbildung und Auffrischung werden durch deinen zuständigen Unfallversicherungsträger übernommen.

  1. Pflichtendelegierung

Sämtliche Pflichten betreffen zunächst dich als Gründer und Betriebsinhaber ganz allein. Das heißt, du bist für Einhaltung und Umsetzung verantwortlich. Denn alle Beteiligten zwischen Gesetzgeber und den Versicherungsträgern verstehen eines: In den wenigsten Firmen könnte der Chef sich nur um diese Pflichten kümmern und noch um seine verschiedenen anderen Aufgaben als Führungskraft. Von fachlicher Kompetenz hinsichtlich sehr komplexer Arbeitssicherheitsthematiken einmal ganz abgesehen.

Daher hast du in der Praxis ein sehr umfassendes Recht dazu, diese Pflichten gänzlich oder in Teilen an zuverlässige und fachkundige (siehe Arbeitsschutzgesetz und DGUV Vorschrift 1, beide §13) Dritte zu delegieren. 

Du behältst zwar stets die abschließende Verantwortung, kannst aber dennoch für die praktische Umsetzung Dritte beauftragen. Das können Angestellte deines Unternehmens sein. Ebenso jedoch können es Externe sein, etwa Dienstleister. 

Wichtig ist dabei nur folgendes:

  1. Die Personen müssen nachgewiesenermaßen zuverlässig und fachkundig sein, so fordern sie das Arbeitsschutzgesetz und das DGUV.
  2. Du kannst die Pflichten nicht allgemein übertragen, sondern musst in einem zu unterzeichnenden Dokument klar festlegen, worin die exakten Verantwortungsbereiche bestehen, wo sie beginnen und enden.

Auf diese Weise könntest du beispielsweise ein Spezialunternehmen für den Brandschutz damit beauftragen, in deinem Unternehmen alle technischen Einrichtungen für die Brandmeldung, deren Unterdrückung und Bekämpfung entsprechend den aktuell gültigen Vorgaben für deinen Betrieb zu übernehmen. 

Ebenso könntest du einen Arbeitssicherheitsdienstleister mit der Erstellung deiner Gefährdungsbeurteilungen beauftragen – nur als weiteres Beispiel.

Du in deiner Eigenschaft als Unternehmensführung bist jedoch dauerhaft und unübertragbar dazu verpflichtet, zu überwachen, ob alles, was du delegiert hast, gemäß den Gesetzen und Vorgaben durchgeführt wird.


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