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7. Januar 2016, 10:34 :: Aktuelle Trends | Allgemein
Autor: Victoria Blechman
No Market Need – 9 von 10 Startups scheitern
9 von 10 Start Ups scheitern, über 75% der neu eingeführten Produkte im Konsumgütermarkt erzielen nicht den gewünschten Erfolg und verschwinden schnell wieder. So berichten es zahlreiche Statistiken. Aber worin liegt der Hauptgrund für das Scheitern?
Oftmals wird ein Produkt am Kunden vorbei geplant, man schaut nicht genau hin und hört nicht zu, was der Markt eigentlich will oder braucht. Aus diesem Grund konzentriere ich mich in diesem Blogbeitrag auf die Nutzerorientierung im Rahmen von Innovationstätigkeit.
Will ich eine Bohrmaschine besitzen, oder möchte ich nicht einfach nur ein Bild an meiner Wand hängen haben?
Erfolgreiche Gründer stellen den Nutzer in das Zentrum der Entwicklung und fokussieren sich auf die Lösung real existierender und zuvor validierter Probleme. Sie suchen nach dem eigentlichen Ergebnis, das der Nutzer erzielen will.
Bezogen auf die eingangs gestellte Frage geht es also bei der Produktinnovation nicht um die Anzahl neuer Features einer Bohrmaschine. Der Nutzer will schlichtweg sein Bild an die Wand bekommen, eventuell wünscht er sich unterstützende Leistungen und macht sich Gedanken über die Risiken, die ihm bei seinem Unterfangen begegnen könnten. An immer neuen technischen Features der Bohrmaschine sind nun die wenigsten Nutzer wirklich interessiert.
Es gibt eine Möglichkeit, sich strukturiert mit diesen Fragen auseinander zu setzen.
In seinem Buch „Value Proposition Design“ bietet Alex Osterwalder ein Canvas-Modell, das euch hilft, Produkte zu entwickeln, die der Kunde auch wirklich will. Der Value Proposition Canvas ist ein „Zoom In“ in den umfassenderen Business Model Canvas und besteht aus zwei Segmenten. Zunächst erstellt man ein Kundenprofil, bevor anschließend die sogenannte Value Map gefüllt wird.
Um erfolgreich zu sein, soll man den Kunden ins Zentrum seiner Überlegungen stellen. Also macht es auch Sinn, bei der Erstellung des Value Proposition Canvas mit dem Kundenprofil zu beginnen.
Das Kundenprofil besteht in dieser Methodik aus drei Bereichen und bildet im Ergebnis ein Kundensegment im Business Model Canvas ab. Es besteht immer aus Beobachtungen, die außerhalb des eigenen Einflussbereichs liegen.
Customer Jobs – Welche Aufgabe will der Nutzer erledigen?
Die Customer Jobs sind die Dinge, die der Nutzer erledigen möchte oder auch die Ergebnisse, die er erzielen möchte. Hier geht es bereits um die Einnahme der Kundenperspektive. Ziel ist es, den Kunden und seine Jobs wirklich zu verstehen und nicht das eigene Produktangebot auf mögliche Anwendungen beim Kunden zu transferieren.
Die Aufgaben, die unser Produkt „können“ muss, kann man nun wiederum aufteilen und zwar in funktionale, soziale und emotionale Aufgaben, die den Customer Job ausmachen.
Funktionale Aufgaben sind die praktischen Aufgaben oder das spezifische Problem, welches gelöst werden soll. Möchte unser Kunde ganz pragmatisch eine Aufgabe lösen, wie z.B. ein Bild aufhängen, einen Report erstellen, oder eine Überweisung tätigen?
Die sozialen Aufgaben beschreiben, wie der Kunde durch die Nutzung des Produkts durch sein Umfeld wahrgenommen werden möchte. Möchte er trendy, professionell oder als ökologisch handelnder Mensch wahrgenommen werden? Fragen wir uns mal selber, welche Bedeutung die soziale Komponente bei unseren Kaufentscheidungen einnimmt.
Die emotionale Aufgabe des Produkts zielt auf den emotionalen Zustand ab, den der Kunde während der Produktnutzung erzielen möchte. Möchte er sich sicher fühlen, ist ihm Freiheit in seinem Handeln wichtig oder sucht er nach innerer Ruhe?
Nehmen wir das Beispiel eines hochwertigen Bürostuhls: Im Gegensatz zu einem normalen Stuhl, ist der Bürostuhl als Beispiel hinreichend konkret, da es sich um einen spezifischen Anwendungsfall handelt und es hierzu konkrete Customer-Jobs, -Pains und -Gains gibt.
Zunächst beginnen wir natürlich mit einer Annahme, wer die potentiellen Kunden sind. Nutzer könnten hochspezialisierte Fachkräfte, wie beispielweise Softwareentwickler sein, die viele Stunden auf ihrem Stuhl sitzen.
Kommen wir nun zu den Jobs, welche im Kundenprofil aus der Sicht der Nutzer analysiert werden.
Funktionale Jobs:
Soziale Jobs:
Emotionale Jobs:
Customer Pains – Welche Probleme hat er auf dem Weg zu seinem gewünschten Ergebnis?
Die Customer Pains sind die Probleme, welche dem Nutzer während der Erledigung seines Jobs begegnen. Was ist es, das den Kunden an der Erledigung seines Jobs hindert? Welchen Risiken, die zu einem möglicherweise schlechten Ergebnis führen, ist der Kunde während der Erledigung des Jobs ausgesetzt? Dieser Teil der Analyse befasst sich also mit den unangenehmen Erlebnissen des Kunden bei der Lösung seiner Aufgaben.
Am Beispiel des Bürostuhls könnten die Customer Pains wie folgt lauten:
Funktionale Pains:
Soziale Pains:
Nicht alle Faktoren haben gleichermaßen Bedeutung für jede mögliche Produktgruppe. Es ist also auch möglich, nicht für jedes Produkt jede Art von Pains zu definieren. Beispielweise sind mir keine wesentlichen sozialen Pains für einen Bürostuhl aufgefallen. Mit der künstlichen Schaffung von Punkten möchte ich mich nicht aufhalten.
Emotionale Pains:
Customer Gains – Welche Gewinne versucht der Kunde durch die Nutzung eines Produkts zu erzielen?
Die Customer Gains beschreiben die Ergebnisse und Vorteile, welche sich die Kunden wünschen. Grob eingeteilt können dies funktionelle Brauchbarkeit, soziale Vorteile, positive Emotionen oder auch Kosteneinsparungen sein.
Es ist durchaus möglich, dass die Gains ein Spiegelbild der Pains sind. Jedoch sollte versucht werden über diese Punkte hinaus offen für weitere eigenständige Gains zu sein, welche dem Kunden einen wirklichen Wert bieten.
Möglicherweise fällt die Trennung zwischen Jobs und Gains an der ein oder anderen Stelle ein wenig schwer. Mein Ratschlag ist es, sich hier nicht unnötig lange mit der Trennung zu beschäftigen. Bei einem Canvas Model handelt es sich um keine exakte Wissenschaft und in meinen Augen ist die Auseinandersetzung mit dem eigenen Kunden der zentrale Punkt des Value Proposition Canvas.
Hierarchisierung der Gains und Pains
Diese Gewinne können nach der Relevanz für den Kunden hierarchisiert werden, in dem man weiter fragt, welchen Nutzen der Kunde benötigt, welchen er darüber hinaus erwartet, welchen er sich vielleicht wünscht und mit welchem unerwarteten Nutzen man den Kunden sogar noch überraschen kann?
Quantifizierung der Gains und Pains
Indem man versucht die einzelnen Gains und Pains messbar zu machen, ergibt sich häufig eine Priorisierung.
Zurück zu unserem Beispiel des Bürostuhls:
Funktionale Gains:
Soziale Gains:
Emotionale Gains:
Als Ergebnis erhält man ein Kundenprofil, welches ein spezifisches Kundensegment im eigenen Geschäftsmodell abbildet.
In der sogenannten „Value Map“ werden dem erarbeiteten Kundenprofil nun die Produkte gegenübergestellt, welche das eigene Werteangebot abbilden.
Produkte & Services – die eigenen Produkte und Dienstleistungen
Hier können alle Produkte und Services aufgeführt werden, welche der Kunde nutzen kann und auf denen das Werteversprechen des eigenen Unternehmens basiert. Ein Produkt alleine schafft jedoch niemals einen Wert. Erst die Beziehung zum definierten Kundensegment mit seinen Jobs, Pains und Gains schafft einen Nutzen und damit einen Wert.
Beispiele:
Pain Reliever – Die Problemlöser im Prozess
Was sind nun die Punkte am eigenen Produkt, welche dem Kunden helfen, seine spezifischen Probleme zu lösen? Wie werden diese Probleme eliminiert oder reduziert, welche den Kunden bei seinen „Jobs“ gestört oder von der Erledigung sogar abgehalten haben?
Natürlich kann das eigene Produkt niemals alle Probleme aller Kunden bei der Erledigung seiner Aufgabe lösen. Daher ist es entscheidend, zuvor ein Kundenprofil erstellt zu haben und im Vorfeld dessen Probleme identifiziert und priorisiert zu haben. Gute Werteversprechen versuchen nicht alle potentiellen Probleme zu lösen, sondern konzentrieren sich auf die relevanten Probleme der eigenen Zielgruppe und bedienen diese sehr gut und treffend.
Beispiele:
Gain Creator – Die Gewinnerzeuger im Prozess
Die Gain Creator sind die Teile des eigenen Angebots, welche einen konkreten Wert für den Kunden darstellen und einen konkreten Gewinn schaffen. Es sind die konkreten Merkmale des Produkts, welche den Nutzer zu seinem beabsichtigten Ziel bringen.
Welche Ergebnisse und Vorteile, die meine Kunden sich wünschen, werden durch die Leistung des Produkts geschaffen? Auch hier kann eine Priorisierung vorgenommen werden, indem man eine Hierarchie der Nutzen von Features erstellt, die der Kunde erwartet, über solche, die er sich wünscht, bis hin zu wirklichen Überraschungen.
Beispiele:
Wie auch bei sämtlichen Methoden aus der Startup-Welt gilt auch beim Value Proposition Canvas die Grundregel, dass es sich zunächst um Annahmen handelt, die in einem iterativen Prozess getestet und validiert werden müssen. Dazu beginnt man sinnvollerweise immer mit den riskantesten Hypothesen. Hat man diese formuliert, sollten sie systematisch getestet und validiert werden. Ein sogenanntes Experiment Board als Tool zu nutzen, bringt den Vorteil der Klarheit in den Testprozess.
Sind die eigenen Hypothesen nun validiert, so habe ich ein klareres Bild meiner Nutzer gewonnen. Auf Basis dieses Wissens kann ich nun ein Werteversprechen, also eine klare Botschaft an den Kunden formulieren. Diese sollte seine Aufmerksamkeit erregen und zu den gewünschten positiven Reaktionen führen.
Die Botschaft muss so zieltreffend formuliert sein, dass sie den Interessenten dazu veranlasst
Erzielung eines Fits
Wenn sich nun Kunden aufgrund des Werteversprechens für das eigene Angebot interessieren, wenn mein Produkt also die vom Nutzer
so ist es gelungen, einen Fit zu erzielen.
Dieser Fit bedeutet ganz konkret, dass es gelungen sein könnte, ein zu lösendes Problem identifiziert zu haben, oder aber auch über ein Produkt zu verfügen, welches die Kunden wirklich nutzen möchten.
Damit ist die Chance groß der 1 unter den 10 zu sein.
Somit gehört man nicht mehr zu der Mehrheit der Innovatoren, die ein technisch hoch komplexes Produkt entwickelt haben, das aber niemand wirklich nutzen möchte und es daher möglicherweise auch nicht erwirbt.